„Finanzkontrolle Schwarzarbeit soll im Kreis Nordhausen präsenter sein“
Geprellte Löhne: Erfurter Zoll
leitete 175 Verfahren gegen Firmen ein
Lohn-Prellerei
aufgedeckt: Das Hauptzollamt Erfurt, das auch für den Landkreis
Nordhausen zuständig ist, hat im vergangenen Jahr 175 Verfahren gegen
Unternehmen eingeleitet, weil Mindestlöhne unterschritten, gar nicht
oder zu spät gezahlt wurden. Dabei verhängten die Beamten Bußgelder in
Höhe von rund 1,3 Millionen Euro. Das teilt die IG Bauen-Agrar-Umwelt
(IG BAU) mit. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf eine Erhebung des
Bundesfinanzministeriums für den Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup
(SPD), der auch Mitglied im Finanzausschuss des Parlaments ist. Demnach
entfielen 19 Ordnungswidrigkeitsverfahren auf Baufirmen in der Region,
gegen die Geldbußen von 228.000 Euro verhängt wurden.
„Die
Zahlen zeigen, dass es viele Arbeitgeber mit der Bezahlung ihrer
Beschäftigten nicht so genau nehmen. Der Zoll sollte daher auch im Kreis
Nordhausen noch mehr Präsenz zeigen. Das Risiko für schwarze Schafe,
bei einer Kontrolle erwischt zu werden, ist noch immer zu gering“, sagt
Matthias Lötzsch. Der IG BAU-Bezirksvorsitzende verweist darauf, dass
die Arbeit, die auf die Zolleinheit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit
(FKS) zukommt, mehr werde.
Denn mit der geplanten Erhöhung des
gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde stiegen ab Oktober auch
die Einkommen Tausender Menschen allein im Kreis Nordhausen. „Der Staat
muss dann sicherstellen, dass die Beschäftigten den höheren Mindestlohn
auch wirklich bekommen. Die wichtige und überfällige Erhöhung des
unteren Lohnsockels darf nicht nur auf dem Papier gelten“, so der
Vorsitzende der IG BAU Nordthüringen.
Der Gewerkschafter warnt
vor bloßen „Placebo-Kontrollen“, sollte das Hauptzollamt Erfurt die
Arbeitgeber-Prüfungen nicht deutlich ausweiten. „Entscheidend ist, dass
die FKS zusätzliches Personal bekommt. Das Bundesfinanzministerium als
oberster Dienstherr der Zollverwaltung muss sich mit Hochdruck um neue
Kontrolleure kümmern.“
Kritik übt die IG BAU zudem an einem
„staatlichen Zuständigkeits-Wirrwarr“. So hätten die
Arbeitsschutzbehörden beispielsweise die Einhaltung der
Sicherheitsvorschriften und Standards bei Unterkünften ausländischer
Beschäftigter im Blick. Allerdings fehle es in den Ämtern ebenfalls an
Personal – obwohl sie in der Pandemie zusätzliche Aufgaben wie die
Kontrolle der Corona-Vorschriften am Arbeitsplatz bekommen hätten. Die
FKS des Zolls hingegen kümmere sich um die Prüfung von Lohn- oder
Steuerabrechnungen. „In der Praxis wäre eine staatliche
Arbeitsinspektion aus einer Hand sinnvoller. Als übergeordnete Behörde
könnte sie für die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte und
Sozialvorschriften Sorge tragen“, so Lötzsch.
Nach Angaben des
Bundesfinanzministeriums kontrollierte das Hauptzollamt Erfurt im
vergangenen Jahr insgesamt 2.800 Unternehmen in der Region – 817 davon
aus der Baubranche. Im Fokus der Fahnderinnen und Fahnder standen neben
Lohn-Tricksereien insbesondere auch Schwarzarbeit, illegale
Beschäftigung und Steuerbetrug: Insgesamt leiteten die Erfurter Zöllner
hier 5.236 Strafverfahren ein (Bau: 396).
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