Freitag, 7. April 2017

Lob für einen Lesepaten

Durch meine notwendigen Auszeiten, die sich in jüngster Zeit häufen, ist mir die Entwicklung bei den mich interessierenden Vorgängen und Ereignissen geradezu davongelaufen. Manches ist inzwischen nicht mehr aktuell, anderes halte ich nach wie vor der Erörterung wert.

Dazu gehört u.a. eine Mitteilung der SWG Nordhausen von Anfang März, deren Titelzeile lautete : „SWG sponsert Zeitungs-Abo für Nordhäuser Grundschule“, Eine Mitteilung, die angesichts von weit wichtigeren und größeren Vorgängen in Politik und Gesellschaft auch leicht zu übersehen war. Und doch von nachhaltiger Bedeutung ist, wie ich meine.

Die Städtische Wohnungsbaugesellschaft (SWG) führt also die Lesepatenschaft mit der Albert-Kuntz-Grundschule in Nordhausen weiter und sponsert schon im zweiten Jahr in Folge der Bildungseinrichtung ein Abonnement für die „Thüringer Allgemeine“. „Wir unterstützen das Projekt sehr gern. Die Mädchen und Jungen erhalten über das Zeitungslesen einen Einblick in verschiedene Themen, erfahren etwas über ihre Heimat, die Welt und Politik“, sagte SWG-Geschäftsführerin Inge Klaan während eines Vor-Ort-Termins in der Albert-Kuntz-Grundschule, hieß es in besagter Mitteilung, die mit der erwähnten Titelzeile überschrieben war.

Ich denke, eine solche Patenschaft ist gerade in der heutigen Zeit von großer Bedeutung und sollte eigentlich beispielgebend sein. Einfach deshalb, weil ein solches Sponsoring neben der von der SWG-Geschäftdführerin umrissenen Bedeutung auch einen anderen, nämlich strukturellen Aspekt hat. Mir fiel in diesen Zusammenhang eine Fachbroschüre mit dem Titel: Wozu noch Journalismus?“ ein, die 2010 erschien. In dieser Broschüre äußern sich 28 profilierte Journalisten, Fernsehmoderatoren, Publizisten, Blogger, Medienwissenschaftler und Verlagsmanager zum geradezu fundamentalen Wandel eines Berufsstandes, der doch früher mal fundiert und gediegen war und hohes Ansehen genoss. Während heutzutage Feuerwehrleute, Lehrer, Briefträger oder Ärzte in der Ansehensskala weit vor den Journalisten rangieren. In der Einführung zum Inhalt jener Fachbroschüre heißt es denn auch (Auszug): Die Beiträger schreiben unverblümt über die Medienkrise und ihre Folgen: Wie kann journalistische Qualität aufrechterhalten oder wiedererlangt werden, wenn sich die Rahmenbedingungen weiter verschlechtern?Welche Art von Journalisten braucht die Gesellschaft und wer finanziert ihn? Und was würde uns blühen, wenn es keine professionellen Berichterstatter mehr gäbe? (Ende des Auszugs).

Ich meine, gerade auch in Nordhausen hat diese Frage große Bedeutung, gibt es hier doch mit der „Thüringer Allgemeine“(TA) eine Zeitung, wie man sie seit eh und je gewohnt ist, deren Redaktion auch mit ausgebildeten, fest angestellten Journalisten besetzt ist, die tagtäglich fundierte, solide Arbeit leisten. Natürlich gibt es dazu auch gelegentlich Kritiken von Seiten der Leser, die aber immerhin sachlich be- und abgearbeitet werden. SWG-Geschäftsführerin Inge Klaan noch einmal: „Die Mädchen und Jungen erhalten über das Zeitungslesen einen Einblick in verschiedene Themen, erfahren etwas über ihre Heimat, die Welt und Politik“.Und das gilt schließlich für alle ihre Leser.

Und demgegenüber gibt es seit Jahren die „Neue Nordhäuser Zeitung“ (nnz) eine reine Internetzeitung, die die erwähnten veränderten und unterschiedlichen Rahmenbedingungen gegenüber einer Printzeitung offenbaren. Soweit mir bekannt, beschäftigt die nnz fest keinen einzigen journalistisch ausgebildeten Mitarbeiter und unter denen, die der nnz zuarbeiten, dominiert ein ehemaliger Abfallberater und früherer Student. Was natürlich nichts über die Qualität der von ihnen verfassten Berichte aussagt (die Leser mögen selbst darüber urteilen). Über ihre Honorierung soll hier nicht spekuliert werden. Mit Journalismus aber hat das im Grunde nichts zu tun, wenn der Herausgeber auch angelegentlich um einen solchen Eindruck bemüht ist. Schließlich bedauere ich auch, dass auf eine sachliche Kritik an der nnz oder einen ihrer Zuarbeiter eine sehr persönlich gehaltene Reaktion des Herausgebers, Peter Stefan Greiner, folgt. Wie ich es zum Beispiel auf mein Ersuchen um etwas Rücksicht bei meinem Bemühen um gesellschaftliche Teilhabe erlebte. Sehr brüsk wurde ich sogar schriftlich mit der Feststellung abgefertigt, dass sich „trotz Ihrer Behinderung“ nicht das Universum um Sie dreht.
Ich finde übrigens den Titel der Zeitung in keiner offiziellen Liste der in Deutschland erscheinenden Internetzeitungen ausgewiesen. Was natürlich auch nichts über die Qualität der nnz besagt. Sicher aber ist jedenfalls, dass es gegenüber solchen Rahmenbedingungen eine Zeitung wie die TA denkbar schwer hat. Und jedes Sponsoring wie das der SWG und jedes Abonnement auch erhaltende Bedeutung hat.


Soweit das Beispiel aus Nordhausen. Grundsätzlich und interessant scheint mir, was der Chefredakteur der „Süddeutschen“, Dr. Heribert Prantl, in der Einleitung zu jener schon erwähnten Fachbroschüre äußert (Zitat): „Journalismus verändert seinen Aggregatzustand, aber er löst sich nicht auf. Er muss die digitale Welt nicht fürchten, im Gegenteil. Denn guter Journalismus geht immer in die Tiefe.“ (Ende des Zitats). Die SWG leistet dazu mit ihrem Sponsoring zwar einen winzig kleinen, inhaltlich aber sehr beachtlichen Beitrag auf lokaler Ebene. Und dafür verdient sie Anerkennung.

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