Sonntag, 9. Dezember 2012

Wo wird zuviel operiert?


Eine AOK-Studie, die sich mit dem Thema Operationen in Krankenhäusern befasst, führte in den vergangenen Tagen zu einer Welle von Fernseh- und Zeitungsberichten, denen eines gemeinsam war: die Feststellung, dass in Kliniken zu viel und zu schnell operiert wird. Und dazu wurden zum Beispiel im Fernsehen Einzelbeispiele angeführt, das jenes Studienergebnis vorgeblich bestätigt. Und gerade letzteres drängt mich, dem ein anderes Einzelbeispiel gegenüber zu stellen, nämlich mein eigenes.

Die teils dramatisch aufgemachten Berichte der Medien führten dazu, dass Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die Krankenhäuser davor warnte, Patienten unnötig zu operieren. Jede Operation, die nicht medizinisch notwendig sei, belaste die Kranken wie auch die Mitarbeiter in den Kliniken, sagte Bahr der „Welt". Gleichzeitig kündigte er an, „die Mengenentwicklung in den Kliniken wissenschaftlich untersuchen zu lassen". Dem ist sicher zuzustimmen.

Was nicht berichtet wurde, ist die durch derartige Berichte entstehende Verunsicherung von Patienten, die aufgrund ihres Leidens auf ärztliche Hilfe angewiesen sind. Aber sich ganz sicher nicht operieren lassen möchten, nur „um die Finanzen der Kliniken zu verbessern.“

Nun gehöre ich zu jenen Menschen, bei denen Operationen auf Grund ihres Alters in zunehmenden Maße anfallen. Und ich bin glücklich, dass es heute möglich ist, ein künstliches Hüftgelenk implantiert zu bekommen, wenn ein solches nötig ist. Tatsächlich wurde ich allein im begutachteten Zeitraum gemeinter Studie (2008 – 2011) mehrmals operiert: am Herz (Herzklappenersatz und Bypässe) und eben Implantat einer (der rechten) Hüfte. Ich wurde zuvor stets eingehend über das Risiko einer Operation und mögliche Konsequenzen einer Ablehnung ausführlich informiert. Meine jeweilige Zustimmung beruhte auf dem festen Vertrauen in die Sorgfalt und die Verantwortung der behandelnden Ärzte im Nordhäuser Südharz-Klinikum und der Zentralklinik Bad Berka, das ich während der vorbereitenden Behandlung aufbauen konnte. Die Operationen führten jeweils zu dem Ergebnis, das angestrebt wurde.

Inzwischen bin ich aufgrund erheblicher Probleme meines linken Beines in Behandlung der orthopädischen Abteilung des Südharz-Klinikums (Chefarzt Dr. Kaith Letzel), der an sich eine operative Behandlung für nötig erachtet, diese aber gerade wegen des angenommenen Risikos (an Knie und Sprunggelenk) vermeiden will. Und eine Verschlimmerung wenigstens durch physiotherapeutische Behandlung verhindern möchte. Und genau hier tut sich ein Problem auf, das durch die Krankenkassen entsteht, von deren Genehmigung die Dauer einer solchen Behandlung abhängt. Versagt sie diese (im Regelfall gewöhnlich nach sechs Behandlungen) ist der behandelnde Arzt genötigt, eine Entscheidung zu treffen. Und dabei spielt natürlich auch das Alter eine Rolle. Und wenn sich dann ein Orthopäde (oder Chirurg) entschließt, eine Operation vorzuschlagen, geschieht das sicher eher zum Wohle des Patienten, und weniger zu dem des Chefarztes (Chefarztboni) oder dem des Krankenhauses.

Ich weiß nicht, ob der steigende Anteil an Operationen, der durch das Älterwerden der Gesellschaft verursacht wird, wirklich bei einem Drittel liegt, wie WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber (Wissenschaftliches Institut der AOK) meint, und ob „den ökonomischen Fehlanreizen wirklich eine ganz gewichtige Rolle zukommt", wie der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Fritz Uwe Niethard vermutet. Ich wende mich nur entschieden aufgrund meiner Erfahrung gegen eine pauschale Einschätzung von Kliniken und Chefärzten. Wenn dem so ist, wie in eingangs erwähntem Report festgestellt wird, soll man die betreffenden Krankenhäuser und Chefärzte nennen und eine allgemeine Verunsicherung der Patienten vermeiden. Deren psychische Auswirkungen nämlich schlimmer sein kann als Operationen, die vornehmlich in der Verantwortung des jeweiligen Chefarztes einer Klinik liegen. Ich bin jedenfalls glücklich, im Südharz-Klinikum (und im MVZ) Ärzte zu kennen, zu denen ich absolutes Vertrauen haben kann. Ich bemühe mich demgegenüber, den Willen aufzubringen, mit den Behinderungen zu leben, die durch die Verantwortung des zuständigen Chefarztes (Dr. Kaith Letzel) gerade nicht operativ behandelt werden.

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