Samstag, 29. Dezember 2012

Betrachtung zu aktuellen Themen


In meinem voraufgegangenen Eintrag hatte ich eingeräumt, dass ich mit der Aufarbeitung meiner „gesammelten Werke“ ziemlich hoffnungslos hinterher hinke. Immerhin aber gibt mir meine Sammlung die Möglichkeit festzustellen, welche Themen danach von den Medien als besonders bedeutungsvoll in die Öffentlichkeit getragen wurden. Und komme dabei zu dem Ergebnis, dass es vor allem zwei sehr unterschiedliche Themen waren, mit denen sich die Medien in jüngster Zeit beschäftigten, bevor sie jetzt zu einer Bilanz des Jahres 2012 kommen.

Und das war in der Politik die Kandidatur Peer Steinbrücks (und dessen Nebeneinkünfte) mit dem die SPD bei der kommenden Bundestagswahl der Bundeskanzlerin Angela Merkel Paroli bieten wird. Und im sozialen Bereich war es die Armut in Deutschland, die gerade vor Weihnachten durch verschiedene Armutsstudien die Medien beschäftigte. Und in beiden Fällen überlege ich, was mit der Art, in der diese Themen behandelt wurden, bezweckt werden soll? Wenn ich nicht annehmen soll, dass man mit ihnen in die Öffentlichkeit geht (gegangen ist) ohne sich über die Auswirkungen Gedanken gemacht zu haben? Als Medienkonsument muss ich mir zwar darüber keine Gedanken machen und kann (wenn ich will) derartige Berichte nach dem eigenen Gefühl einschätzen. Als gesellschaftlich ambitionierter Mensch aber - und in nahezu allen Weihnachtsansprachen wurde doch an den Gemeinsinn und die Solidarität der Menschen appelliert – ist es schon legitim, mir über Ursachen und Wirkung von Medienberichten Gedanken zu machen.

Und da überlege ich zum Beispiel im Falle Peer Steinbrücks, warum in nahezu allen Berichten über ihn seine Nebeneinkünfte das beherrschende Thema waren und sind? Was besagen sie und welche Rückschlüsse auf seine politische Auffassung, Bestrebungen und Ziele ergeben sie? Nach der Wahl zum SPD-Kanzlerkandidaten hat ihm seine Partei demonstrativ den Rücken gestärkt - und ist des Lobes voll: Steinbrück könne die SPD-Forderung nach sozialer Gerechtigkeit trotz der Debatte um Vortragshonorare „sehr glaubwürdig“ vertreten, meint etwa Hannelore Kraft. Und beachtlich fand ich, dass Wilfried Kretschmann, der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs in einem Interview mit Jörg Schönenborn die Nebeneinkünfte Steinbrücks als nebensächlich für seine politische Auffassung bezeichnete. Und bekanntlich räumte auch neulich Altbundeskanzler Helmut Schmidt ein, keine Ansprache außerhalb seines eigentlichen Wirkungsbereiches unter 20 000 Mark gehalten zu haben. Ist es also bewusste Stimmungsmache, dass die Medien vor allem dieses Thema so angelegentlich in den Vordergrund stellen? Wohl wissend, dass Neid und Missgunst in der Gesellschaft leichter zu schüren ist als sachliche Einschätzung?

Was aber das andere, das soziale Thema betrifft, finde ich zum Beispiel die jüngsten Berichte in der „Thüringer Allgemeine“ ebenso deprimierend wie interessant. Weil einmal die Feststellung des Paritätischen Gesamtverbandes über das angebliche Rekordniveau der Armut in Deutschland gerade jetzt etwas unwirklich wirkt angesichts zahlloser Berichte über volle Geschäfte zur Weihnachtszeit, riesige Umsätze im Internethandel, klingelnde Kassen des Handels und erwartete Millionenumsätze beim Feuerwerksverkauf. Wie muss das auf die wirklich Armen in Deutschland wirken, (soweit es sie wirklich gibt) die sich all das nicht leisten können und vielfach auf das beschränkt sind, was sie von der „Tafel“ erhalten?

Und wenn in der „Thüringer Allgemeine“ Vergleiche zu europäischen Nachbarn (Dietmar Grosser) gezogen werden und zu Menschen in Sri Lanka (Jens Voigt) um deutlich zu machen, was wirkliche Armut bedeutet, dann halte ich das für abwegig. Kein Mensch, der hier als arm gilt, wird sich in einem Verhältnis zu Menschen in Sri Lanka sehen können, die wirklich als arm gelten müssen. Und wenn Dietmar Grosser in einem Leitartikel meint, dass wir natürlich im Vergleich mit der Sahel-Zone oder Pakistan nicht arm sind, dann halte ich einen solchen Vergleich für polemisch. Weil er die Grundvoraussetzungen dazu außer acht lässt. Und könnte entgegenhalten, dass die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland unmittelbar nach Kriegsende ähnlich gewesen sein mögen. Und jeder Mensch hier weiß, wie die anschließende Entwicklung verlaufen ist. Es mag ja sein, dass sich die Armut in Deutschland heute auf relativ hohem Niveau bewegt und (nach Grosser) fast jeder ein Dach über den Kopf hat und weder verhungern noch erfrieren muss. Wem hier aber Armut bescheinigt wird, vergleicht sich – zumindest gefühlsmäßig – mit Menschen, die hier wirklich in Wohlstand leben und sich keine Sorgen machen müssen, ob sie demnächst noch ihre Miete und Stromrechnung zahlen können. Warum sollten sie dann Lebensverhältnisse in Sri Lanka oder Pakistan zum Maßstab nehmen? Darüber müsste sich die Politik Gedanken machen und um Änderungen bemüht sein. Und wenn Jens Voigt seinem Bericht mit dem Unterton des Bedauerns mit dem Bemerken schließt, dass Deutschland bisher nur Gutverdiener als Zuwanderer möchte, während die Armut dort bleibt, wo der Pfeffer wächst, dann ist das ebenso polemisch wie etwa die Frage, ob es nach seiner Meinung umgekehrt sein sollte!?

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