1. Südharz: Züge fallen aus – oder auch nicht (Stand: 27.07.2022)
2. Update zur Nordharz-Katastrophe: Wieder Züge zwischen Goslar und Wernigerode (Stand: 27.07.2022)
Hallo liebe Eisenbahn-, ÖPNV- und SPNV-Interessierte!
1. Südharz: Züge fallen aus – oder auch nicht (Stand: 27.07.2022)
Die
Deutsche Bahn ist immer wieder für Überraschungen gut. Wenn man glaubt,
man habe da in Sachen Unfähigkeit, fehlender Flexibilität, bornierter
Pressestellen und so weiter schon alles durch, kommt doch noch etwas
Neues. Warum Böhmermann & Co immer so weit herumsuchen, um Stoff für
ihre Satiren zu finden, ist mir ein Rätsel.
Seit
einigen Tagen habe ich es mir angewöhnt, ob der zunehmenden Zugausfälle
wegen Krankheit nach dem Aufstehen und vor dem Kaffee kochen erst mal
im Navigator nachzusehen, wie es denn so läuft auf den Südharzer
Schienen. Ob man jemanden warnen muss, weil etwas ausfällt, zum
Beispiel. „Reparatur am Zug“ war zuletzt eine gern genommene Ausrede.
Die kannte ich noch nicht.
Wie
auch immer, heute früh fuhr mir dann doch der Schreck in die Knochen.
Jeder zweite Zug zwischen Northeim und Nordhausen war mit „fällt aus“
markiert, ebenso in der Gegenrichtung. Das hatten wir zuletzt beim
Weselsky-Streik im Sommer 2021. Wie kann das denn sein, über Nacht so
viele Kranke? Dass zwischen Bodenfelde und Northeim mal wieder Schicht
im Schacht war, überraschte da nicht wirklich. Die Dimension der anderen
Ausfälle aber schon.
Näheres
Hinschauen ließ Zweifel aufkommen – am Navigator oder jenen, die ihn
bedienen. War früher bei uns im Rechenzentrum zu IBM 370-Zeiten eine
beliebte Begründung: Computerfehler! Natürlich hatten wir etwas
verbockt, der Computer an sich ist dumm und führt exakt das aus, was man
eingibt. Also: Navigatorfehler? Immerhin würden im Vertrauen auf die
Meldungen ja dutzende von Kunden fluchend das Weite suchen, und was der
Navigator anzeigt, tut ja auch der Streckenagent und das tun auch die
schönen kleinen Anzeigegeräte auf den vom Bahnpersonal geräumten
Stationen. „Zug fällt aus“. Aber: Wieso in beiden Richtungen immer die
RB81? Das ging eigentlich gar nicht, da die in Nordhausen ankommenden
RB80 immer auf die RB81 wenden und umgekehrt. Das würde ja bedeuten,
dass jeder Zug in Nordhausen eine Stunde herumsteht!
Am
Telefon einige sinnlose Versuche, bei der Bahn irgendwen zu erreichen.
Einen, der sich im Urlaub befindet, habe ich dann doch bekommen, und der
hat sich trotz Urlaub auch gekümmert. Aber da waren die ersten drei
Stunden schon rum. Also runter zum Bahnhof, der ist ja bei uns noch
besetzt und der Fahrdienstleiter kennt mich aus vielen Kämpfen ums
Kundenwohl. Natürlich würden die Züge fahren, aber das hätte er so auch
noch nicht gesehen: Oben läuft durch „Zug fällt aus“, und darunter steht
er und fährt gleich weiter. Heute früh habe er einige bereits wieder
das Weite suchende Fahrgäste zurück gewunken: Ey, der Zug kommt doch!
Wohl dem, der noch eine besetzte Station hat! Anderswo, also im Grunde
an der Südharzstrecke überall, waren die Kunden nicht so gut dran. Es
ist ja keiner mehr da, und wenn der Computer dann Mist anzeigt…
Ein
Eingabefehler, ein Übermittlungsfehler, was weiß ich. Irgendjemand hat,
wieder mal, Züge zwischen Bodenfelde und Northeim gestrichen, daraus
wurde „die RB81 fällt aus“ und daraus wiederum das Informationschaos des
heutigen Vormittags. Irgendwann haben sie es dann gemerkt und den
Navigator wieder in Ordnung gebracht.
Aber
das Erlebte ist typisch für die Deutsche Bahn heute. Keiner fühlt sich
wirklich verantwortlich, jeder wurschtelt in seiner Nische herum, Bock
hat keiner und ob der völligen Verarmung des Wissens über Züge und ihre
Eigenschaften blickt auch keiner mehr so richtig durch. Hinzu kommt die
totale Gläubigkeit an den Computer, an „das Netz“: Was da drinsteht,
muss doch stimmen. Tut es aber nur dann, wenn der Eingebende weiß, was
er macht. Und von dieser Sorte Mitarbeiter gibt es bei der DB leider
immer weniger. Und die, die es noch gibt, müssen ob dieser geballten
Ladung Unfähig- und Lustlosigkeit resignieren. Oder haben es schon. Und
oben sitzen die satt verdienenden Manager, ab und an ja auch abgewählte
Politiker mit Versorgungshintergrund, und denken sich mit Hilfe von auch
gut bezahlten, des Bahnbetriebs aber vollkommen ungewohnten
Kommunikationsmanagern immer neue schicke Programme aus wie „Starke
Schiene“. Wie hieß es doch 1989: „Stasi in die Produktion“. 2022 kann
man da nur sagen: Schickt die ganzen Sesselgrößen an die tägliche
Bahnfront, lasst sie einen Tag auf dem Bahnhof Northeim oder Kreiensen
die Kunden beruhigen. Wenn sie dann noch Lust haben, sich wieder ein
neues schickes Motto auszudenken, wie wäre es mit „Wir fahren immer“
oder „Wir fahren bei jedem Wetter“?
Ach so, das stimmt ja auch nicht mehr.
Michael Reinboth
2. Update zur Nordharz-Katastrophe: Wieder Züge zwischen Goslar und Wernigerode (Stand: 27.07.2022)
Dem
eigentlichen Update für die Reisemöglichkeiten sei eine Aufklärung
vorangestellt. Nicht oder nicht nur die Hitze macht den Gleisen zu
schaffen, sondern die DB Netz hat offenbar – Qualitätskontrolle hin,
Qualitätskontrolle her – wieder einmal so billige und schlechte
Betonschwellen beschafft, dass diese auch ohne Sonne und einfach so
zerbröseln.
Alte Reichsbahn-Kunden erinnern sich dunkel – da war
doch mal was mit Alkali-Schwellen? Richtig, und exakt denselben Murks
hat man bei DB Netz nun wieder fabriziert. Oder fabrizieren lassen.
Vermutlich waren die Schwellen sehr preiswert, und man konnte einen
höheren Gewinn an den Vorstand abführen, mehr Boni kassieren und
ansonsten alles der Phantasie der auf den Gleisen herumfahrenden EVU
überlassen.
Wie
auch immer, kaputt ist kaputt, und das gute alte Langsamfahren kommt
anscheinend auch aus der Mode. Zwar wird es im zentralen Pressetext der
DB und dem der Pressestelle Leipzig noch erwähnt, aber am Nordharz in
keinem einzigen Fall praktiziert. Macht vermutlich Arbeit, Schilder
aufstellen und immer mal gucken und so. Da ist es doch spürbar
preiswerter, gleich eine Sperrtafel einzurammen. Kunde? Wieso Kunde?
Bis
Mitte August soll der unwürdige Zustand dem Vernehmen nach andauern.
Das dürfte, wer die DB Netz in all ihrer Unfähigkeit kennengelernt hat,
stark untertrieben sein, und den „Hochdruck“, mit dem man vorgeblich
tätig sei, den gibt es nur im Kaffeeautomaten der Pressestellen.
Nostalgie-Zug pendelt zwischen Goslar und Wernigerode
Aber
nun zum Positiven. Zwischen Goslar und Wernigerode rollen sie wieder,
die Züge. Wohl auch, um eine Abschaltung der Walzstraßen in Ilsenburg zu
vermeiden. Aber eben auch, man höre und staune, für Fahrgäste! Wie
dieses?
Nun,
Abellio oder die NASA waren so vorausschauend und haben wegen des
9-Euro-Tickets und des zu erwartenden Andrangs einen guten alten
Wendezug von privater Seite angemietet, einen richtigen Zug eben, mit
einer 218 davor und drei zwar nicht wirklich barrierefreien, aber
stabilen und mit zu öffnenden Fenstern (!) versehenen Waggons,
unverwüstlich und mit einer Technik ausgestattet, die allem standhält.
Dieser
Zug befand sich zum Zeitpunkt der überhastet und ohne Sinn und Verstand
ausgesprochenen Sperrung auf der richtigen, der Goslarer Seite der
Strecke, die – vorerst jedenfalls – von den Sperrungen nicht betroffen
ist. Und so kann unser Nostalgie-Express nun pünktlich im 2-Stunden-Takt
seine Runden zwischen Goslar und Wernigerode drehen.
Allerdings nur
bis gegen 20 Uhr, die Dienstzeit des Personals ist ja auch da
bestimmten Auflagen unterlegen. Aber er fährt und beschert wenigstens
Wernigerode und Ilsenburg ein sogar fahrradgerechtes Rumpfangebot.
Warum
es Abellio nicht zuwege bringt, einen Triebwagen auf die Goslarer Seite
zu schaffen, um den Stundentakt zu komplettieren, bleibt ein Rätsel –
man muss ihn ja nicht tragen, sondern kann ihn über Magdeburg
(Streckenkenntnis vorhanden) – Braunschweig nach Goslar überführen.
Einen Lotsen für das dem Abellio-Personal unbekannte Terrain würde man
wohl finden können.
Jenseits
von Wernigerode bleibt es dunkel. Abellio bemüht sich um einen halbwegs
adäquaten SEV, der nun auch nach und nach anläuft, aber von den
Fahrzeiten her naturgemäß keinerlei Vergleich erlaubt. Alles, was nicht
am Harzrand entlang muss, sollte es über Braunschweig, Magdeburg und
Halle versuchen.
Ausgerechnet wir müssen den Leuten nun raten: Meidet den Harz! Schlimmer geht es nicht mehr.
Michael Reinboth
Viele Grüße
Burkhard Breme
Initiative "Höchste Eisenbahn für den Südharz"
Silkeroder Str. 14 b
37431 Bad Lauterberg
Telefon: (0 55 24) 93 11 73
Handy: (01 60) 7 53 35 58
E-Mail: burkhard.breme@suedharzstrecke.de
Internet: http://www.suedharzstrecke.de
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen