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Im Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen arbeiten
Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wissenschaft,
Zivilgesellschaft und Fachpraxis sowie Betroffene in der Arbeitsgruppe
„Kindgerechte Justiz“ daran, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren für
Kinder und Jugendliche kindgerecht und sensibel zu gestalten.
Heute stellten Mitglieder des Nationalen Rats den gemeinsam entwickelten „Praxisleitfaden zur Anwendung kindgerechter Kriterien für das Strafverfahren“
in einem Gespräch mit dem Vorsitzenden der 92. Konferenz der
Justizministerinnen und Justizminister, dem nordrhein-westfälischen
Justizminister Peter Biesenbach, und weiteren Vertreterinnen und
Vertretern der Justizministerkonferenz vor. Der Leitfaden wurde heute
veröffentlicht. Christine Lambrecht, geschäftsführende Bundesfamilien- und Bundesjustizministerin: „Immer
wieder müssen wir erleben, dass Kindern durch sexualisierte Gewalt
unermessliches Leid zugefügt wird. Die Strafverfahren gegen die Täter
sind für die betroffenen Kinder und Jugendlichen eine große Belastung.
Es ist sehr wichtig, dass diese Verfahren mit großer Sensibilität und
besonderem Einfühlungsvermögen für die Opfer geführt werden. Es muss
Raum geben, Kinder in einem altersgerechten und sensiblen Rahmen zu
befragen. Ich bin dankbar, dass der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt
mit dem dort versammelten interdisziplinären Wissen einen
Praxisleitfaden mit kindgerechten Kriterien für das Strafverfahren
entwickelt hat. Damit geben wir der Polizei und der Justiz wichtige
praktische Empfehlungen für diese besonders schwierigen Verfahren an die
Hand.“ Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM): „Ich
freue mich sehr, dass sich die Justizministerkonferenz im Vorfeld ihrer
92. Konferenz mit Vertreterinnen und Vertretern des Nationalen Rats
darüber austauscht, wie eine kindgerechte Justiz in der Praxis besser
ausgestaltet werden kann. Strafrechtliche und familiengerichtliche
Verfahren sind für Kinder und Jugendliche, die sexuelle Gewalt erlitten
haben, oftmals sehr belastend und unter Umständen sogar
retraumatisierend. Es ist deshalb wichtig, sie sensibel und
altersentsprechend an den Verfahren zu beteiligen und die vom
Gesetzgeber vorgesehenen Möglichkeiten zu ihrem Schutz bestmöglich
umzusetzen. Der „Praxisleitfaden zur Anwendung kindgerechter Kriterien
für das Strafverfahren“, den die AG Kindgerechte Justiz im Nationalen
Rat erarbeitet hat, ist eine praktische Handlungshilfe für das
strafrechtliche Verfahren und sollte auch bei Polizei,
Staatsanwaltschaft und Gericht eine weite Verbreitung finden.“ Erklärung des Betroffenenrats beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: „Von
sexualisierter Gewalt betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene
haben ein Recht auf eine gute psychosoziale sowie rechtliche Begleitung.
Nur kind- und betroffenengerechte Verfahren führen zur Sicherstellung
ihrer Informations- und Partizipationsrechte. Diese Opferrechte kommen
viel zu selten in der Praxis bei den Betroffenen an. Das Kindeswohl muss
in allen Verfahren im Mittelpunkt stehen. Belastungssituationen von
Betroffenen sollten durch umfassende und proaktive
Unterstützungsstrukturen vor, während und nach Verfahren so gut wie
möglich minimiert werden. Dringend erforderlich sind dazu die
Beschleunigung der Verfahren und die Gewährleistung von Fachlichkeit
über spezialisierte Fachdezernate sowie Kompetenzzentren der
Ermittlungsbehörden und Gerichte. Um Schutzlücken in der Praxis zu
schließen sind dringend bundesweite und regelmäßige Bestandsanalysen und
Verlaufsstudien zur systematischen Evaluation der Verfahren bei
Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten erforderlich. Betroffene
brauchen Vertrauen in die Justiz. Solange die Gefahr einer
Retraumatisierung größer ist als die Chance einer Verurteilung, werden
Betroffene die erlebte Gewalt nicht zur Anzeige bringen.“ Der neue
Praxisleitfaden richtet sich an Polizistinnen und Polizisten,
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Ermittlungsrichterinnen und
Ermittlungsrichter sowie Spruchrichterinnen und Spruchrichter. Der
Leitfaden ist das Ergebnis mehrerer Anhörungen und Fachgespräche, an
denen die Justiz mit Richterschaft und Staatsanwaltschaft, die Polizei,
die Anwaltschaft, der Betroffenenrat des UBSKM, Beratungsstellen,
Opferhilfeeinrichtungen, Kinderschutzorganisationen, Psychosoziale
Prozessbegleitung, Wissenschaft und Justizverwaltung teilgenommen und
ihre Beiträge eingebracht haben. Der „Praxisleitfaden zur Anwendung kindgerechter Kriterien für das Strafverfahren“ ist hier abrufbar: www.nationaler-rat.de/ergebnisse Dem Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen gehören
Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wissenschaft, Betroffene
sowie Verantwortliche aus der Zivilgesellschaft und der Fachpraxis an.
Vorsitzende des Nationalen Rats sind Bundesfamilienministerin Christine
Lambrecht und Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für
Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Seit Dezember 2019 arbeitet der
Nationale Rat mit insgesamt etwa 300 Mitwirkenden in fünf thematischen
Arbeitsgruppen: Schutz, Hilfen, Kindgerechte Justiz, Schutz vor
Ausbeutung und internationale Kooperation sowie Forschung und
Wissenschaft. | |
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