da staunt man als Pfarrer nicht schlecht, wenn man aus dem Fenster
schaut und plötzlich sieht, dass jemand die Kirche ausräumt: Stühle,
Noten, Altargegenstände – alles auf dem Weg nach draußen. So geschehen
vorige Woche in Nordhausen in Thüringen. Auch ein mittelalterliches
Holz-Kruzifix ging zu Bruch. Pfarrer Klemens Müller stellte und stoppte
den Räumwütigen bei seiner Aktion. Ein 25-jähriger Afghane befand, dass
die christliche Botschaft nicht wahr, Jesus nicht Gottes Sohn sei, und
fühlte sich daher berufen, das Gotteshaus „umzudekorieren“. Nur der
Islam sei wahr. Der junge Muslim hatte in Deutschland einen Asylantrag
gestellt, der jedoch abgelehnt wurde, wie der mdr berichtete.
Die
Aktion mag zunächst kurios erscheinen – auf so eine Weise hat wohl noch
keiner seine religiösen Differenzen mit dem Christentum zum Ausdruck
gebracht. Schmierereien, Diebstahl oder Zerstörung von Inventar kommen
da schon eher mal vor. Gleichzeitig macht es sprachlos, wie respektlos
sich hier jemand nicht nur an fremdem Eigentum, sondern auch an der
Religion anderer Menschen vergreift!
Natürlich steht sofort die
Frage im Raum: Was, wenn ein Christ in Afghanistan eine Moschee leer
räumen würde? Das hat Pfarrer Müller den Eindringling wohl auch gefragt.
„Diesen Gedanken konnte er, meiner Meinung nach, nicht einmal denken“,
sagte Müller dem mdr. So naheliegend diese Frage auch ist: Sie führt
nicht besonders weit. Denn auch in Deutschland gibt es immer wieder
Angriffe auf Moscheen und Muslime. Über 900 waren es im vorigen Jahr.
Womöglich gingen sie nicht von gläubigen Christen aus, aber geschahen
eben doch in einem Land, das vom Christentum geprägt ist und in dem
eigentlich Religionsfreiheit herrscht. Auch gegenüber Kirchen gibt es
immer wieder Angriffe und Vandalismus.
Die Frage führt auch
deshalb nicht weit, weil es das Wesen des christlichen Glaubens ist,
genau das nicht zu tun: Es dem anderen mit gleicher Münze
zurückzuzahlen. Selbstverständlich muss dieser Fall strafrechtlich
verfolgt und aufgeklärt werden. Und in Politik und Gesellschaft müssen
wir weiterhin diskutieren, nach welchen Regeln wir Asylverfahren,
Integration und das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft
und Religion gestalten – und das auch einfordern. Aber aus christlicher
Perspektive kann die Antwort nicht heißen: „Stell dir vor, ich mach das
mit dir.“ Sondern sie muss heißen: „Ich mache das nicht mit dir, weil du
ein Mensch bist, den Gott liebt – so wie ich auch.“ Wie groß diese
Herausforderung ist, zeigt sich dann, wenn es konkret wird, wie jetzt.
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