Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz
16.06.2021
Hindernisse des sozialen und ökologischen Umbaus beseitigen
Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ veröffentlicht
Studie
In seiner Enzyklika Laudato si’ (2015) hat Papst Franziskus zu einer sozial-ökologischen Transformation aufgerufen. Eindringlich mahnt er darin „alle Menschen guten Willens“, die Klimakrise und die weltweite Armutskrise zu bekämpfen. Der Frage, welche Hemmnisse dieser Transformation aktuell im Wege stehen, ist die Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz in einer heute (16. Juni 2021) vorgestellten Studie nachgegangen. Die Sachverständigengruppe nennt in der Studie mit dem Titel Wie sozial-ökologische Transformation gelingen kann zugleich „Stellschrauben“, die zentral sind, um die Transformation zügig und effektiv umzusetzen.
Prof. DDr. Johannes Wallacher (Hochschule für Philosophie, München, Vorsitzender der Sachverständigengruppe) erläuterte in einem Pressegespräch die Barrieren, die den notwendigen ökologischen und sozialen Wandel behindern. So stellen die Experten eine grundlegende Schwäche der Institutionen und der Ordnungspolitik fest. Dieses „Markt- und Staatsversagen“ habe zur Folge, dass die wahren Kosten der fortwährenden Umwelt- und Klimabelastung von unbeteiligten Dritten – beispielsweise zukünftigen Generationen oder den schwächsten Gliedern in der Produktionskette – getragen werden müssten. Darüber hinaus werde die Transformation durch ungelöste Verteilungskonflikte, ungleiche Machtverhältnisse sowie mangelnden Mut zu politischer Gestaltung und Kommunikation behindert. Problematisch sei zudem, so Prof. Wallacher, dass weithin die kulturelle Dimension des Wandels – zum Beispiel falsche Leitbilder bzw. eine attraktive Zielperspektive – vernachlässigt werde. Innovative Technologien seien wichtig für die Wende, allein aber nicht ausreichend. Vielmehr müssten sie mit einer Kultur des rechten Maßes (Suffizienz) verbunden werden.
Von zentraler Bedeutung ist es laut der Studie, einen Ordnungsrahmen zu schaffen, der Innovationen und das Gemeinwohl fördere. So empfehlen die Sachverständigen multilaterale Vereinbarungen über weltweite CO2-Mindestpreise. Von den Regierungen, Unternehmen und Finanzinstitutionen wohlhabender Länder fordern sie „weit höhere Technologie- und Finanzhilfen, um nachhaltige Technologien auch in ärmeren Ländern flächendeckend zu etablieren“. Zumutungen und Handlungschancen des Wandels müssten fair verteilt, Machtfragen klar benannt werden, forderte Prof. Wallacher. Bei Interessenskonflikten seien Verbote zwar nicht das erste Mittel der Wahl. „Im Konfliktfall sind Sonderinteressen jedoch dem Gemeinwohl unterzuordnen, denn die Lebensgrundlagen aller jetzigen und zukünftigen Menschen stehen auf dem Spiel“. Für die Akzeptanz und den gesellschaftlichen Prozess der Transformation seien zudem Transparenz und gesellschaftliche Teilhabe grundlegend.
Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg), betonte anlässlich der Vorstellung der Studie, spätestens seit der Enzyklika Laudato si’ müsse „klar sein, dass Umweltverschmutzung Sünde ist. Jeder Christ muss ein Klimaschützer sein“. Die Studie stelle fest, dass die katholische Kirche mit ihrer globalen Organisationsstruktur und ihren spirituellen wie materiellen Ressourcen einen erheblichen Beitrag zur Transformation leisten könne. Dieses Potenzial, so Erzbischof Schick, müsse sie ausschöpfen. Dazu sei es erforderlich, auch in den eigenen Einrichtungen glaubwürdig zu sein. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die in den vergangenen Jahren stark erweiterten ökologischen Bemühungen in den Bistümern.
Die Studie wird von einem Theorie–Praxis–Dialog begleitet, der von der Deutschen Kommission Justitia et Pax moderiert wird. In einer Reihe von Veranstaltungen werden die Studienergebnisse in der nächsten Zeit diskutiert. Für den Dialog steht an der Hochschule für Philosophie München zusätzlich die digitale Plattform digi-log.org zur Verfügung.
Hinweise:
In
der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ der
Deutschen Bischofskonferenz arbeiten Sozialethiker, Wirtschafts- und
Umweltwissenschaftler bei der
Analyse weltwirtschaftlicher Zusammenhänge und bei deren Bewertung auf
der Grundlage der Christlichen Sozialethik zusammen. Darauf aufbauend
werden Handlungsperspektiven für die Gestaltung von Wirtschaft und
Gesellschaft entwickelt.
Die Studie „Wie sozial-ökologische Transformation gelingen kann. Eine interdisziplinäre Studie im Rahmen des Dialogprojektes zum weltkirchlichen Beitrag der katholischen Kirche für eine sozial-ökologische Transformation im Lichte von Laudato si’“ ist als pdf-Datei auf www.dbk.de in der Rubrik Publikationen verfügbar. Dort kann diese auch als Broschüre (Weltkirche/Broschüre 22) bestellt werden.
Die Statements von Prof. Wallacher und Erzbischof Schick während des Pressegesprächs finden Sie als pdf-Dateien im Anhang sowie unter www.dbk.de.
Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller (Erz-)Bistümer in Deutschland. Derzeit gehören ihr 68 Mitglieder (Stand: Juni 2021) aus den 27 deutschen (Erz-)Bistümern an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen