Lehrkräftemangel verschärft sich in ganz Mitteldeutschland
Die
Landesverbände der GEW in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sehen
weiterhin mit großer Sorge auf die Entwicklung des Lehrkräftebestandes
in den nächsten Jahren. Von einer auskömmlichen und normalen Situation
an den Schulen kann in keinem der drei Bundesländer mehr die Rede sein.
Statt wechselseitiger Abwerbungen von Lehrkräften sollten Anstrengungen,
Erfahrungen und Ressourcen möglichst langfristig gebündelt werden.
Die
drei Vorsitzenden der GEW-Landesverbände warfen heute gemeinsam einen
Blick auf die Situation und mögliche Entwicklungen an den Schulen in
Mitteldeutschland. Dabei zeigen sich für die einzelnen Länder
verschiedene Ausmaße und Ausprägungen des Mangels, die Ursache dafür ist
aber überall gleich. Über viele Jahre wurde die Lehrkräfteausbildung
aufgrund rigider Personalkürzungspolitik sträflich vernachlässigt.
In Sachsen
zeigt sich das laut der Vorsitzenden, Uschi Kruse, am Fehlen von ca.
2.000 Lehrkräften im Schuljahr 2017/18, die zusätzlich notwendig wären,
um allein um den zu erwartenden Krankenstand abzudecken. Zudem erreichte
der Freistaat erneut einen Rekordwert bei der Einstellung von
Seiteneinsteiger*innen. Zum Beginn des zweiten Schulhalbjahres hatten
landesweit 62 % aller Neueingestellten keine Lehrerausbildung. Besonders
besorgniserregend ist die Quote der Seiteneinsteiger*innen an
Oberschulen (80 %). Im ländlichen Raum lag sie in einigen Regionen sogar
bei 100 %. Am 9. März 2018 hat die Staatsregierung nun ein
Handlungsprogramm zur "Nachhaltigen Sicherung der Bildungsqualität im
Freistaat Sachsen" beschlossen. Mit Verbeamtung, der Aufwertung der
Grundschulen und verschiedenen anderen Maßnahmen soll ein Kurswechsel
eingeleitet werden. Weil so spät reagiert wird, zu wenige Prioritäten
gesetzt werden und große Ungerechtigkeiten an den Schulen in Kauf
genommen werden, ist mit einer kurzfristigen Entspannung nicht zu
rechnen.
Sachsen-Anhalt kämpft ebenfalls mit
einem enormen Mangel an Lehrkräften, mindestens 1.000 fehlen jetzt schon
für eine normale Unterrichtsversorgung. In der nächsten Zeit werden pro
Jahr etwa 800 Kolleg*innen den Schuldienst verlassen. Eva Gerth,
Vorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt, sieht damit eine Verschlechterung
der Lage vorprogrammiert: „Für diese absehbar hohen Abgangszahlen wurde
kaum Vorsorge getroffen. Die Landespolitik steuert langsam um, aber die
nächsten Lücken sind schon sichtbar. Für die 1.000 angekündigten
Stellenausschreibungen im Schuldienst in diesem Jahr stehen knapp 500
Absolvent*innen im eigenen Land bereit. Die Not der Schulen droht sich
damit absehbar weiter zu vergrößern.“
Auch Thüringen
hat mit heftigem Unterrichtsausfall zu tun. 17.000 Unterrichtsstunden
waren es beispielsweise im November 2017. In den nächsten fünf Jahren
werden etwa 4.500 Lehrer*innen den Schuldienst verlassen. „Besonders
prekär wird die Lage an den Thüringer Regelschulen, da die Zahl der
Lehramtsstudierenden für dieses Lehramt deutlich unterhalb des Bedarfes
liegen, während zu viele Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer
ausgebildet werden. Dies kann nur bedeuten, den Beruf Regelschullehrer
attraktiver zu machen, zum Beispiel durch eine bessere Bezahlung“, so
Kathrin Vitzthum, Landesvorsitzende der GEW Thüringen. Trotz der
deutlich gestiegenen Einstellungszahlen bleibt die Lage an den Schulen
angespannt, dazu trägt auch die zunehmende Zahl von befristeten Stellen
bei.
Als Konsequenz aus dieser Notlage regten
die drei Vorsitzenden eine enge, verlässliche und dauerhafte Abstimmung
der drei Bundesländer an. Entscheidend ist, dass es auch in
Mitteldeutschland gelingt, eine verlässliche und vorausschauende Personalpolitik im Schulbereich zu verankern – was gleichbedeutend mit einem planerischen Denken über Legislaturen hinweg ist. Voraussetzung
dafür ist in allen drei Bundesländern, dass die zuverlässige personelle
Ausstattung der Schulen staatlich und nicht betriebswirtschaftlich
gedacht und unterfüttert wird. Nicht die schwarze Null ist das
Ziel, sondern die Bereitstellung der staatlichen Leistung Schule in der
jeweilig benötigten Qualität und Quantität. Die
Bildungsministerien und nicht die Finanzministerien in allen drei
mitteldeutschen Bundesländern sollen die Personalentscheidungen fällen.
Über die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): Die
Bildungsgewerkschaft GEW ist die größte und bedeutendste
bildungspolitische Kraft in Deutschland mit ca. 280.000 Mitgliedern. Sie
organisiert aktive und ehemalige Beschäftigte an den
Bildungseinrichtungen. Schwerpunkte der politischen Arbeit sind die
Bildungsgerechtigkeit, die Lern- und Arbeitsbedingungen an Kitas,
Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie die
Angestellten-, Beamten- und Tarifpolitik. Vorsitzende des
Landesverbandes Thüringen ist Kathrin Vitzthum, des Landesverbandes
Sachsen Uschi Kruse und des Landesverbandes Sachsen-Anhalt Eva Gerth. |
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