Donnerstag, 30. Mai 2013

Emailkunst am Kuchenbufett

Die Ankündigung zur gestrigen „Kunst & Kaffee“-Veranstaltung kam zwar etwas spät, doch ist der Freundeskreis des Kunsthauses Meyenburg inzwischen so groß, dass man um Besucher zu den Veranstaltungen nicht unbedingt besorgt sein muss. Und so verlief der Nachmittag zum Thema „Email-Kunst“ ebenso informativ wie unterhaltsam.
Es war diesmal eine Gemeinschaftsveranstaltung von Kunsthaus Meyenburg und des Fördervereins des Kunsthauses. Deren Leiterin, Kunsthistorikerin Susanne Hinsching, sich nach der Begrüßung der Gäste und den einführenden Gesprächen recht offen für die Wünsche der Besucher zeigte, angesichts der vorgesehenen Führung durch die Ausstellung „Metall + Email 4“ am Sonntag, den 02. Juni diesmal das Aufkommen des Werkstoffes Email zu erklären. Um dann mit dieser Kenntnis an der sonntäglichen Führung teil zu nehmen. Zu dieser „Sesshaftigkeit“ könnte allerdings auch das Angebot an Kuchen beigetragen haben, diesmal gesponsert vom Immobilien-Service, Frau Karin Ertmer (Mitglied des Kunsthaus Meyenburg Fördervereins), das im Kellercafé zum Kaffee angeboten wurde. Und das Zuhören recht annehmlich werden ließ.
Nachdem sich im Vorfeld zwar die Kunsthistorikerin und der Vorsitzende des Fördervereins, Dr. Wolfgang Pientka, mit seiner Frau Hannelore in einem Sondierungsrundgang zunächst auf das vorgesehene Programm eingestimmt hatten, entsprach dann der folgende Ablauf offensichtlich weitgehend den geäußerten Erwartungen der Teilnehmer.
Also informativ, aber nicht allzu technisch. Was die Kunsthistorikerin ihren Zuhörern an Wissen zum Werkstoff Email offerierte, war mehr eine erweiterte Präzisierung dessen, was sie in ihren Laudatien zu der Ausstellung Lutz-Martin Figullas „Metall + Email III“ am 05. März in der Galerie der Kreissparkasse Nordhausen und am 17. Mai zu „Metall + Email 4“ im Kunsthaus vorgetragen hatte. Begrenzt natürlich auf die Geschichte und Herstellung des Emails. So erfuhr man als Zuhörer, dass die ältesten Emaillearbeiten aus Grabfunden der Mykene-Zeit um 1800 v. Chr. bekannt sind. Damals wurden Goldplatten emailliert. Einen ersten Höhepunkt erreichte die Emailtechnik bei den Kelten, die sie in ihrem Kunsthandwerk über 1200 Jahre bis 800 n. Chr. verwendeten. Spannend hörte sich die Beschreibung der keltischen Emailtechnik des Griechen Philostratos (170 - 249 n. Chr.)an: "Die Barbaren am Ozean gießen Farben auf glühendes Erz. Die Farben gerinnen dann und werden hart wie Stein."
Meist wurden Gürtelschnallen, Ketten und vor allem emaillierte Fibeln hergestellt, die keine besondere Kostbarkeit, sondern wichtiges Bekleidungsaccessoire der Bevölkerung waren. Emailleerzeugnisse wurden aber nicht nur für den eigenen Bedarf produziert, sondern auch in andere Provinzen exportiert. Der Begriff Email aus dem Französischen stammt und Schmelz bedeutet. Email ist eine anorganische, glasartige Masse, die bei Temperaturen über 550 °C meist auf Metall oder Glas aufgeschmolzen wird und mit diesem eine feste, fast unlösbare Verbindung eingeht. Das technische Verfahren der Emaillierung ist auch heute noch äußerst kompliziert, ließ die Kunsthistorikerin wissen.
Damit streifte sie dann aber doch die technische Seite der Herstellung des Emails, das also in der Natur als solches nicht vorkommt, aber vollkommen aus natürlichen Rohstoffen besteht. Bei hohen Temperaturen werden die Rohstoffe Quarz, Feldspat, Soda, Borax, Aluminiumoxid und andere Metalloxide zu Email-Fritten geschmolzen. Diese sind die Grundstoffe,die man zum Emaillieren braucht.
Die weiteren detaillierten Ausführungen Hinschings werden hier übergangen, sie interessierten ja wohl doch mehr ihre unmittelbaren Zuhörer. Jedenfalls eignen sich als Trägermaterial vor allem Stahl, Gußeisen, Aluminium und Edelstahl. Stahl ist dabei wohl das wichtigste Basismaterial. Die fertige Emailschicht ist durchweg spröder als das darunter liegende Metall, wodurch die Gefahr besteht, dass sie bei unsachgemäßer Behandlung reißen oder springen kann. Darüber hinaus muss das Email einen deutlich niedrigeren Schmelzpunkt besitzen als das Trägermaterial. Die Farbpigmente dürfen sich durch die notwendige Hitzeentwicklung nicht zersetzen. Also ist nicht nur künstlerische Kreativität gefragt, sondern auch chemische Grundkenntnisse und handwerkliches Können. Die Kunsthistorikerin leitete damit über zum Atelier auf Ludwigshall des Künstlers Lutz-Martin Figulla in Wolkramshausen, in dem regelmäßig Workshops stattfinden. Und Interessenten durch Teilnahme die Verarbeitung des Emails und deren künstlerische Gestaltung praktisch kennenlernen können.
Die Fachfrau in Sachen Kunst(-materialien) veranschaulichte ihren Vortrag durch Kunstwerke aus der aktuellen Ausstellung „Metall + Email 4“ von Lutz-Martin Figulla, Martin Schulze, Dietmar Sauer und Annemarie Timmer. Und regte danach zur weiteren Erörterung dieses Themas an.  Tatsächlich entspannen sich auch wirklich in gelöster Atmosphäre an den Tischen mit seinem verlockenden Kuchenangeboten rege Unterhaltungen. Mit dem auf so unterhaltsame Art erworbenen Wissen um den Werkstoff Email dürfte die am Sonntag um 15 Uhr stattfindende Führung durch die Ausstellung durch die Kunsthistorikerin auf einer recht fundierten Wissensgrundlage stattfinden. Mitglieder des Fördervereins und Kunstinteressenten sind herzlich eingeladen.



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