Mittwoch, 22. Mai 2013

Kultur gut gestärkt


Zum dritten bundesweiten Aktionstag "Kultur gut stärken" am gestrigen 21. Mai 2013 waren bundesweit rund 300 Veranstaltungen gemeldet. Der Aktionstag wird seit 2011 vom Deutschen Kulturrat mit Unterstützung der Deutschen UNESCO-Kommission anlässlich des UNESCO-Welttages zur kulturellen Vielfalt ausgerufen. Ausstellungen, Lesungen und Konzerte sollen die kulturelle Vielfalt in Deutschland sichtbar machen und ein deutliches Zeichen gegen Kulturabbau setzen. Dieses Jahr steht der Welttag unter dem Motto "Kulturelle Bildung für Alle".

„Wer im Chor singt, auf der Theaterbühne steht oder in einer Band spielt, erlebt sich immer wieder neu. Wir brauchen überall Orte, die zur Teilnahme am kulturellen Leben unserer Gesellschaft einladen", hatte Dr. Roland Bernecker, Generalsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission anlässlich dieses Aktionstages gesagt und festgestellt: „Museen, Theater, Bibliotheken, Orchester, Chöre, Musikschulen, Kulturzentren und viele andere sind Träger und Ausdruck einer vielfältigen und lebendigen Kulturlandschaft. Der bundesweite Aktionstag ist eine tolle Chance, den Stellenwert von kultureller Vielfalt in unserem Land sichtbar zu machen."
Angemerkt sei hier, das Kulturverbände aus ganz Deutschland - ob sie die Musik, die Architektur, den Tanz oder die Literatur betreffen - auf bundesweiter Ebene im Deutschen Kulturrat organisiert sind. Der Deutsche Kulturrat bildet eine Art Schnittstelle zwischen Kultur und Politik.

Nordhausen als „Stadt der Vielfalt“ kann ja in diesem Zusammenhang für sich in Anspruch nehmen, über nahezu alle diese gerade genannten kulturellen Einrichtungen und Initiativen zu verfügen, die laufend Programme bieten, die allen Ansprüchen gerecht werden. Und das Kunsthaus Meyenburg unterstrich gerade wieder mit der am Freitag eröffneten Ausstellung „Metall + Email 4“ seinen Anspruch als kulturelles Zentrum Nordthüringens. Die gestrige Lesung als Beteiligung an dem genannten Aktionstag wurde vom Förderverein des Kunsthauses initiiert und fand im Keller des Kunsthauses statt, der inzwischen offenbar ständiger Veranstaltungsort des Fördervereins ist.

Thema der Lesung, die von der Chefdramaturgin des Theaters Nordhausen, Dr. Anja Eisner geboten wurde, war der Aufenthalt des französischen Malers Claude Monet in Venedig in der Zeit von September bis Dezember 1908. Aufgezeichnet in Tagebuchform von Monets zweiter Frau Alice. Ein kurzer Zeitabschnitt, der aber doch eine Einschätzung der Lebens- und Geisteswelt des Paares zu damaliger Zeit ermöglicht. Und eine kurze Phase des Schaffens Monets wiedergibt. Nichts Spektakuläres aber hervorragend gelesen von Anja Eisner. Die emotional das ersetzte, was den Aufzeichnungen an Spannung fehlte. Die computergestützte Bildwiedergabe tat ein übriges, um Vorstellungen zu vermitteln, was Monet in jener Zeit als Maler in Venedig in Angriff nahm und schaffte.

Immerhin erläuterte Anja Eisner zuvor zu Monet selbst, dass dessen erste Gruppen-Ausstellung 1874 im Atelier des Fotografen Nadar am Boulevard des Capucines in Paris stattfand. Und angelehnt an den Titel des ausgestellten Werkes Impression – Sonnenaufgang, das Monet 1872 in Le Havre zusammen mit anderen Bildern gemalt hatte, wurde diese Ausstellung durch den Kritiker Louis Leroy damals in der Zeitschrift „Le Charivari“ abwertend als „Die Ausstellung der Impressionisten“ bezeichnet. So wurde der Begriff des Impressionismus, der erst spöttisch von Kritikern, in der Folge auch von den Künstlern selbst verwandt wurde, durch dieses Bild Monets begründet.

Dazu sollte man nun wissen, dass der Impressionist Claude Monet als Lesethema gewählt wurde, weil sein eigentlicher Wohnort Giverny in der Normandie liegt und der Kunsthaus Meyenburg-Förderverein mit dem Erlös dieser Lesung ein besonderes Projekt unterstützt, mit dem Jugendliche aus Deutschland und Frankreich die Reste einer grauen Vergangenheit – gemeint sind die teils gewaltigen Trümmer der Bunkeranlagen in der Normandie – farbig gestalten wollen. Dazu heißt es in einer Beschreibung dieses Projektes, dass die Bunker an der Atlantikküste für das stehen, was der Idee von einem vereinten Europa noch immer entgegensteht: betonköpfige Menschenverachtung, Nationalismen, Festungsdenken, Abschottung, ideologische Stereotype, Feindbilder, Rassen- und Größenwahn. Das Projekt ist ein Impuls, um der Einigung Europas eine weitere kulturelle Komponente zu geben, Kulturdiskussionen zu führen, die ein Bild vom Zukünftigen entstehen lassen.

70 Jahre haben diese Unwesen auf dem Buckel. Zuerst der Stolz der Besatzer, unüberwindlich, Sperre für den Angreifer, 3000 km lang – bis zur ersten Granate. Dann im Granatenhagel zerbarsten so sicher geglaubte Wände, alles zermalmt, Menschen sterben schon am Luftdruck bei der Detonation der Riesengranaten aus den Schlünden der Kriegsschiffe. Nach dem Bombardement – Abschlachten auf kürzester Distanz, sechszehnjährige Soldaten, tagelanges Wüten. Übrig blieben die grauen Dinosaurierskelette. Dazwischen – immer auf Sichtweite – wie Feuertürme der Römer zerfestzte Stahlbeton-Megalithe. Zeitzeugen einer Periode des Irrsinns in 3000 km Länge vom militärischen Größenwahn, von Angst in den Sand gesetzt. Ausharrend seit 70 Jahren – weitere 1000 Jahre noch erkennbar, wenn sie nicht vom Menschen Stück für Stück mit Kompressoren zernagt werden.

Es geht dabei konkret um die Initiative „Erinnerung in Farben e.V.“ von Magdeburger Schülern, die in der Normandie, zusammen mit Schülern aus Frankreich vorbereitete Stoffbahnen an Bunkern und Kasematten bemalen und präsentieren wollen. Die Schirmherrschaft des Projektes haben übernommen: der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Dr. Putz Trümper und der Bürgermeister der Gemeinde Néville-sur-Mer an der Atlantikküste, in der sich wesentliche Teile der Bunkeranlagen befinden. In beiden Regionen engagieren sich mehrere Künstler verschiedenen Genres in dem Projekt. Und dieses Projekt also will der Kunsthaus Meyenburg-Förderverein unterstützen.Sei abschließend bemerkt, dass Dr. Anja Eisner für ihren Lesebeitrag für dieses Projekt neben den verdienten Beifall der Zuhörer ein Präsent des Förderverein-Vorsitzenden Dr. Wolfgang Pientka erhielt, entsprechend der Qualität der Lesung aus dem inzwischen angewachsenen Weinbestand des Vereins. Auch der gehört ja zur kulturellen Stärkung.

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