„Der Gesang füllte den Raum,
Stimmen, Töne fügen sich zueinander. Teils behutsam, teils aber
anschwellend und alles ergreifend. Die Luft scheint zu schwingen.“
Das war die Einleitung der Predigt des evangelischen Pfarrers der
Frauenberg-Gemeinde, Friedemann Büttner, die er am Pfingsmontag im
katholischen Dom zum heiligen Kreuz hielt. Ein Novum?
Schon längst nicht mehr: Ökumene in
Nordhausen ist längst kein leerer Begriff mehr und am Pfingstmontag
gehörte Ökumene im gesamten Pfarrsprengel Nordhausen zum
Gottesdienst. Wobei Pfarr- oder Kirchsprengel für das gesamte Gebiet
steht, das Pfarrer Richard Hentrich, Dompfarrer zu Nordhausen,
betreut. Also alle Pfarreien des Landkreises Nordhausen. Und in
einigen dieser Kirchen fanden an diesem Pfingsmontag ökumenische
Gottesdienste statt. Dass dabei der Gottesdienst im Dom zum heiligen
Kreuz in Nordhausen das größte ökumenische Ereignis war - von
Pfarrer Richard Hentrich und Pfarrer Friedemann Büttner gestaltet -
kann nicht verwundern. Und ist es wert, herausgestellt zu werden.
Dabei war es nicht nur die
Geistlichkeit, durch die dieser Gottesdienst geprägt wurde und seine
ökumenische Bedeutung erhielt, es war ebenso die musikalische
Besetzung durch Kantorei, Domchor und Kinder- und Jugendschola.
Begleitet vom Posaunenchor Nordhausen-Niedersachswerfen. Und geleitet
vom Kantor von St. Blasii, Michael Kremzow und Thomas Hofereiter,
Kantor im Dom zum heiligen Kreuz. (Beide konnte ich noch vor dem
eigentlichen Gottesdienst bei den musikalischen Eintimmungen im Bild
festhalten.) Und dazu gehörten natürlich die Gläubigen beider
Konfessionen, die Bänke und Gestühl des Doms nahezu vollständig
besetzt hatten.
Der Gottesdienst war – entsprechend
seinem Anliegen – sowohl in seinen liturgischen Teilen (Lesungen,
Anrufungen, wechselweise Gebete und Gesänge) ganz auf Ökumene
abgestimmt. Und wurde, wie oben bemerkt, von Pfarrer Büttner
eingangs seiner Predigt entsprechend hervorgehoben.
Und seine Predigt selbst, die er an die
„Pfingstmenschen“liebe Schwestern und Brüder, richtete, stand
ganz im Zeichen des Pfingstgeschehens, dem Fest des „Heiligen
Geistes“unter zeitgemäßen Bezügen, Hinweisen und Überlegungen.
Hier der gesamte Wortlaut seiner Ausführungen:
Der Gesang Frauen und Männer, Alten und Jungen, Großen und Kleinen mischt sich mit dem Klang der Orgel, der Vielstimmigkeit der Trompeten und Posaunen, dem stillen Herzensgesang der Zuhörenden :
„Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt – Mein Gott auf den ich hoffe! Wer unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt – Mein Gott auf den ich hoffe! Mit seinen Flügeln deckt er mich, als Schirm und Schutz erweist er sich – mein Gott, auf den ich traue.“
Wie im Himmel !
Liebe „Pfingstmenschen“, liebe Schwestern und Brüder, was für ein Geist, was für eine Kraft, was für ein Bewegt- und Mitgerissen-werden, die aus dieser kleinen Gruppe von Menschen – die einfach nur miteinander singen wollen – in dem Film von Kay Pollak „Wie im Himmel“ … dort in dem nord-schwedischen Dorf Ljusäker
Was für eine Kraft, die eine solche Gemeinschaft wachsen lässt ?
Eine Gemeinschaft, die eben noch abschätzig und herablassend über Lena, die junge, lebenshungrige Frau geurteilt hat, die selbst so liebenswürdig, empfindsam und verletzlich ist.
Eine Gemeinschaft, in der Arne der große Schreihals ist, der Besserwisser, der immer das letzte Wort hat, der Allesbestimmer, der Strippenzieher, der andere kleinmacht ,
Eine Gemeinschaft, in der Tore, dieser Junge mit dem himmlischen Gemüt und einer nicht zu beschreibenden göttlichen Seele, als Behinderter, als Dummer beiseite gestoßen und ausgelacht wird.
Eine Gemeinschaft, der die Fassade und der Schein eines kleinbürgerlichen Lebens im Ort und in der Kirchengemeinde weit wichtiger ist, als das beherzte Eintreten und Eingreifen für Gabriella, die immer neu von ihrem trunksüchtigen Ehemann Conny erniedrigt und geschlagen wird.
Liebe Schwestern und Brüder, es ist der Geist Gottes, der diese Menschen ergriffen, beseelt, begeistert, ermutigt und verwandelt hat – dass sie „Pfingstmenschen“ werden konnten – wie damals die Jünger Jesu, die ersten Christen, die der Heilige Geist verwandelt und bewegt hat.
das Mutlose entschlossen wurden, Ängstliche – stark, Verzagte – fordernd und in Bewegung kamen
der Geist, der Menschen durch alle Zeiten hindurch bis in unsere Tage ergreift und verwandelt, beseelt, tröstet, verbindet und bewegt – Gott sei Dank !
Und es ist derselbe Geist aus Gott, der uns heute hier zum Pfingstfest zusammenführt und diesen Raum und auch uns in ihm ins Singen und Schwingen, Loben, Danken und in Bewegung bringt und immer neu bringen will.
Wie im Himmel !
Wie im Himmel, aber mit beiden Beinen fest auf dieser Erde. Nicht abgehoben .Und daran erinnert uns das Zeichen des Kreuzes, das uns verbindet und zusammenführt als Christen – auch heute, hier.
Im Zeichen des Kreuzes: In der Vertikalen: Gott sendet seinen Geist; damit wir – im Zeichen der Horizontalen: Gottes Botschaft mutig und entschlossen in diese Welt tragen; aber sie zuallererst selbst leben, vorleben, Hoffnung wecken, unsere Stimme erheben, für die, deren Stimme nicht gehört wird, indem wir Neues wagen ….
Pfingsten – Gott sendet seinen lebendigen Geist. Eine Kraft, ein Feuer, ein Funkenwirbel, ein Wind, der nichts bei dem belassen will, wie es ist.
a)
Und Gott will diesen
Geist wie im
Himmel - so auch auf Erden
wirken und gestalten lassen.
Und wir können Gottes Heiligen
Geist uns in seiner Gestaltungskraft nicht mächtig und groß genug
vorstellen. Dieser Geist, der weit über 140.000 Christen-Menschen
unterschiedlicher Konfession, Prägung und Sprache auch zum 34. Dt.
Evang.Kirchentag in Hamburg zusammenführt. Menschen, die gemeinsam
Gott feiern, neu Kraft zu tanken; Impulse mit in die Heimatorte und
–gemeinden nehmen, um nach dem zu suchen, was der Stadt, und dem
Land und dieser Welt und er ganzen Schöpfung zum Besten ist.Und es ist derselbe Heilige Geist, der so vielen Kindern und Jugendlichen in diesen Tagen in der Erstkommunion, den Taufen und Konfirmationen in ihrer Einsegnung persönlich zugesprochen wird.
Und ich denke heute auch an die große 30- köpfige Massaifamilie in Kikuju in der Arusha-Diözese in Tanzania , die sich zum Pfingstfest taufen läßt, weil der Heilige Geist sie bewegt und verwandelt hat und sie zu „Pfingstmenschen“ hat werden lassen.
Glauben und hoffen wir diesen Geist aus Gott, diesen Pfingstgeist in seiner Wirkung, Gestaltungs- und Verwandlungskraft weit mächtiger und umfänglicher, als wir es uns in unseren kühnsten Träumen nur vorstellen können.
b)
Wie im Himmel –
so auf Erden will
Gott durch seinen Geist auf dieser Erde wirken und gestalten.
ich habe die schwer demente Frau
in unserer diakonischen Eirichtung im Freitags-Gottesdienst vor
Augen. Scheinbar tief versunken in ihrer eigenen Welt sitzt sie mit
geschlossenen Augen in ihrem Rollstuhl.Und als Psalm 91 – ihr Psalm gebet wird – öffnen sich ihre Augen, ein kleines Lächeln geht um ihren Mund und ihr Lippen bewegen sich – wenn auch leise: „denn Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen; dass sie dich auf den Händen tragen und dein Fuß nicht an einen Stein stößt“
Ein stiller, streichelnder, ein zärtlicher, aufhelfender Geist, der einen weiten, tröstlichen Blick schenkt: schon in den Himmel – wie auf Erden
Liebe Pfingstgemeinde, liebe Schwestern und Brüder - verbunden durch diesen Geist aus Gott.
Was ist, wenn es das ganz andere braucht: das Nicht –mehr-Still-halten-können , das Aufbegehren, das mahnende und aufklärende Wort …oder auch die Faust auf den Tisch … ?
Dann dürfen wir Gott bitten, uns seinen Geist zu senden, der uns die nötigen Worte in den Mund legt; auf das, was nötig zu tun ist, zeigt - wenn wir falscher Rede, Diffamierung und böswilliger Unterstellung entgegnen müssen.
Wenn – auch in unseren Kirchen – die Maschinerie der Strukturen und Administrationen herzlos durchgreift – der Stärkere den vermeintlich Schwächeren in die Knie zwingt.
Wenn wir nicht mehr hinnehmen können und wollen – weil wir unglaubwürdig vor uns selbst und dieser Welt sind – das wir als Schwestern und Brüder immer noch getrennt und gespalten sind in konfessionellen Grabenkämpfen – zwischen katholischen und evangelischen Geschwistern
Dann braucht es beides – Gottes zärtlich verwandelnden und werbenden Geist und den großen Sturmwind, der Kraft und Mut schenkt, endlich Mauern und Grenzen umzublasen; das Verbindende großwerden zu lassen und zu betonen – und nicht das Trennende.
Einen Geist, der die Menschen, die diese Gemeinschaft an der Basis unserer Gemeinden schon lange geschwisterlich leben und praktizieren – stärkt und fördert.
Einen Geist, der ein neues Feuer entfacht, eine Kraft, die Wandlung und ein neues gemeinsames Verstehen schenkt.
Das würde uns als „Pfingstmenschen“, die unsere Welt so dringend braucht, glaubwürdig machen.
Am Ende:
Ich erinnere mich an ein Kinderlied, dass wir früher im Herbst oft lautstark gesungen haben – vielleicht kennen sie / kennt ihr es auch:
„Wind, Wind, Wind, Wind , fröhlicher Gesell – fegst um alle Ecken, willst uns alle necken … Wind, Wind, Wind, Wind , fröhlicher Gesell“
Für mich ein wunderbares Bild für Gottes „Pfingst-Geist“:
Wir können nicht anders – wenn wir uns und diese Welt anschauen, als diesen „fröhlichen Gesellen“ immer wieder zu erbitten wie einen bewegenden Wind, da und dort wie einen Sturm, vielleicht auch Orkan - der Muffiges, Überlebtes, Lebensfeindliches endlich fortbläst und uns damit die Köpfe, Herzen und Hände freimacht , für das, was Jetzt dran ist …
Und wie viel dürfen wir erbitten und erhoffen ?
„Soviel du brauchst“ Das war auch das Motto des Kirchentages in Hamburg. „Soviel du brauchst“ Nicht mehr und nicht weniger
Soviel wir brauchen, das sagt uns Gott zu. Und darin enthalten ist nicht nur das, was uns selbst aufhelfen und bewegen will, sondern soviel, das es dem auch dem anderen aufhilft und diehnt.
Also - seien wir in unseren Bitten nicht zu knausrig !!– Wir sind es ja sonst auch nicht oder ??
Aber Gott sei Dank - sendet Gott seinen Geist ja nicht nur auf unsere Anfrage Soviel du brauchst
und Bitte hin – sondern wie in dem Kinderlied: als einen Wind , eine Bewegung, ein Feuer
wo ER seinen Geist für nötig und unentbehrlich hält.
Aber Gott sei Dank - sendet Gott seinen Geist ja nicht nur auf unsere Anfrage Soviel dru brauchjst
und Bitte hin – sondern wie in dem Kinderlied: als einen Wind , eine Bewegung, ein Feuer
wo ER seinen Geist für nötig und unentbehrlich hält:
der ungefragt um die Ecken kommt – uns necken, unterbrechen und aufstöbern will;
das wir endlich auch die Kirchentüren weit aufreißen und immer neu aus müden , abwartenden und ängstlichen Menschen - „Pfingstmenschen“ werden, die hinausgehen auf die Strassen und Plätze ...
Während sich das Lied: „Wind, Wind, Wind, Wind , fröhlicher Gesell …“ vornehmlich im Herbst anbietet, zu singen
Dürfen und sollten wir es als Bitte um Gottes Geist jeden Tag neu singen – vielstimmig unterlegt und kraftvoll- gen auch mit Orgel, Posaunen und Trompeten, Saxophon und Schlagzeug und Gamben und was weiß ich … - das es zu hören ist - im Himmel und auf Erden - denn Pfingsten ist jeden Tag –
Gottes Geist weht, wo wir ihn von Herzen erbitten und Wo und wann Gott ihn wehen lassen will .
Deshalb: Komm – Komm Heiliger Geist! Komm, damit die Kirche und alle Menschen guten Willens diese Welt beschenken aus deiner einzigartigen Kraft.
Damit Wandlung möglich wird, die wir so dringend brauchen.
Wie in dem Film von Kay Pollak „Wie im Himmel“ - wo dieser Geist Gottes, Menschen ergriffen, beseelt, begeistert, ermutigt und verwandelt hat – dass sie „Pfingstmenschen“ werden konnten –
Ja, Komm Heiliger Geist – Komm um alle Ecken und in alle Ecken: um Himmels - und um deiner Erde willen.
Amen
Danach
wurde der Gottesdienst in wechselnder Weise zwischen Geistlichkeit,
Chor- und Gemeinschaftsgesängen fortgesetzt und fand mit den
Fürbitten - in die u.a. auch die Opfer der jüngsten
Brandkatastrophen in Nordhausen einbezogen wurden. - den
Verkündigungen und dem gemeinsam von beiden Geistlichen gespendeten
Segen seinen Abschluss. In der Gesamteinschätzung ein bedeutungs-
und eindrucksvolles Ereignis, das einmal mehr zeigt, dass Ökumene in
Nordhausen weit gediehen ist und zunehmend gelebt wird. Und das ist
erfreulich.
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