Nun also hat der Prozess gegen Beate
Tschäpe nach Überwindung zahlreicher Hindernisse begonnen. Glaubt
man der „Thüringer Allgemeine“, wird im Saal 101 des Münchner
Oberlandesgerichts allerdings über die zehn NSU-Morde verhandelt.
Wenn dem wirklich so ist, müsste eigentlich nicht nur gegen Beate
Tschäpe und vier Mitangeklagte verhandelt werden, sondern auch über
die Versäumnisse der deutschen Geheimdienste, die – wie es den
Anschein hat – überhaupt erst möglich machten, dass es zu zehn
Morden kam. Und gerade Thüringen hat mit seinen Geheimdiensten zu
dieser Problematik einiges zu erklären. Zu dem auch der
investigative Journalismus der „Thüringer Allgemeine“ bisher
nicht viel beigetragen hat. Möglich, dass man deshalb mit einer
ganzen Mannschaft in München vertreten ist.
Und schon nach dem ersten Tag
seitenlang berichtet, wie ich gerade den Ausgaben der vergangenen
Tage (aus zweiter Hand nämlich) entnehmen kann. Obwohl es am ersten
Verhandlungstag am Montag außer einigen Befangenheitsanträgen nicht
viel Sachdienliches zu berichten gab. Zuschauer, die sich teilweise
schon um Mitternacht vor dem Gerichtsgebäude einfanden, um einen
Platz im Zuschauerraum zu ergattern, dürften über die Kürze des
Auftaktes recht enttäuscht gewesen sein. Immerhin konnten sie mit
einen ersten persönlichen Eindruck von der angeklagten Beate Tschäpe
wieder nachhause gehen. Wie unterschiedlich ihr Erscheinen dabei auf
die akkreditierten Journalisten wirkte, konnte ich zunächst den
Berichten in den Zeitungen im Internet entnehmen, die diesen Auftritt
von den Plätzen aus beobachteten, die für sie reserviert waren. Um
die es ja im Vorfeld viel Trubel gab. Und diese professionellen
Beobachter bemühen sich ja seitdem, wie eben die der „Thüringer
Allgemeine“, ihrer Rolle als Berichterstatter von Beginn an vollauf
gerecht zu werden. Und obwohl es – wie bemerkt - über diesen
ersten Auftritt der Angeklagten – neben Tschäpe noch vier weitere
- noch nicht viel zu berichten gab, was sich im Gerichtssaal des
Münchner Oberlandesgerichtes zutrug, wissen clevere Journalisten
auch aus dem wenigen beliebig lange und ausführliche Berichte zu
machen. Und entsprechend ausführlich sind also die Berichte und
Kommentare, die es nach dem kurzen Auftakt gibt. Von denen ich ja
immer erst einige kenne. Obwohl ich das Internet durchforstete.
Und diese Berichte bewegen sich
zwischen emotional und recht sachlich, wobei sich die Aufmerksamkeit
fast ausschließlich auf Beate Tschäpe konzentrierte. Und wenn ich
aus dem, was mir da an Berichten und Kommentaren vor die Augen kam,
Resumee ziehe, sind da Journalisten jeden Kalibers am Werk. Während
einige ihr Augenmerk vornehmlich auf Beate Tschäpe richteten, von
provokanten Posen, demonstrativ verschränkten Armen, freundlich
lächelnd und selbtbewusster Haltung berichteten, die „verstörte“,
verzichteten andere Medien auf eine subjektive Betrachtung zur
Hauptangeklagten zugunsten der Erwartung eines ganz normalen
Prozesses „gegen eine Mörderbande“, deren Schuld durch das
Gericht auch erst noch bewiesen werden muss.
Und selbst der versammelte „Kameramob“
wird in einigen Zeitungen, z.B. der „Rheinischen Post“ auf's Korn
genommen, der sich im weiteren Verlaufe einer angemessenen
Zurückhaltung befleißigen sollte. Ein Rat, der nach allen
Erfahrungen mit dieser Klientel, wohl am wenigsten beherzigt werden
dürfte. „Daran“, so schreibt die „Rheinische Post“ weiter,
„sollten sich im Übrigen auch Wir, die prozessbegleitenden Medien,
halten.“ Man wird sehen.
Interessant jedenfalls auch die
Bemerkung, dass auf den Vorsitzenden Richter Götzl ein enormer Druck
laste, nachdem er bisher ob seines Verhaltens in der Vorbereitung
dieses Prozesses viel Kritik einstecken musste. Das von ihm
gezeichnete Zerrbild sollte er widerlegen, wonach ihm für ein
derartiges Verfahren die nötige Sensibilität fehle. Jedenfalls
aber würde man den Prozess selbst vor allem im Ausland, insbesondere
in den Herkunftsländern der Opfer – Türkei und Griechenland –
sehr genau verfolgen. „In Ländern also, für die wir Deutsche
ansonsten gern den Schulmeister abgeben (Rheinische Post). Und nach
den beschämenden Versäumnissen bei der Aufklärung der
rechtsextremistischen Mordserie muss jetzt wenigstens die
strafrechtliche Aufarbeitung gelingen. Das sei die Bundesrepublik
nicht nur ihrem eigenen Ansehen in der Welt schuldig, sondern vor
allem den Opfern und ihren Angehörigen, heißt es in der „Neuen
Osnabrücker Zeitung“. Es bleibt also abzuwarten, welchen Verlauf
dieser Prozess nehmen wird. Ob er wirklich zu einem
„Jahrhundertprozess“ mutiert, wie vielfach vermutet wird, oder es
gelingt, ihn zu einen
„normalen“ Strafprozess mit umfassender Sachaufklärung werden zu
lassen.Jedenfalls aber dürfte es einer der längsten und teuersten
Prozesse der deutschen Geschichte werden.
Wie
gerade die Medien melden, sind die Befangenheitsanträge – außer
jener der Hauptangeklagten – inzwischen abgelehnt worden. Am
kommenden Dienstag wird jedenfalls weiter verhandelt.
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