Donnerstag, 23. Mai 2013

Lokaljournalistenpreis gewinnt an Popularität


Die „Thüringer Allgemeine“ hat – gemeinsam mit dem „Hamburger Abendblatt“ - nach einer Pressemitteilung der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 17.05.13 den Lokaljournalistenpreis 2012 erhalten. Und von der TA weiß ich, dass sie das am gleichen Tag ganzseitig in der eigenen Zeitung würdigte. Wobei sie im Editorial ausdrücklich ihren Lesern dankte. Und das regt mich zu einigen Überlegungen an.

Die TA erhielt diesen renommierten Lokaljournalistenpreis für ihre Serie „Treuhand in Thüringen“. Wie sich aus der Pressemitteilung ergibt, hatte die Jury unter insgesamt 711 Einsendungen zu entscheiden, nachdem es im Vorjahr noch 588 waren. Und damals bemerkt wurde, dass dies so viele wie nie zuvor gewesen seien. Der seit 32 Jahren jährlich zur Verleihung kommende Preis gewinnt also weiter an Popularität.

Mein Interesse an diesem Journalistenpreis beruht vornehmlich auf der Tatsache, dass ich selbst einmal einen Vorschlag für die Verleihung einbrachte. Ohne jeden Erfolg. Seitdem aber verfolge ich diese Bewerbe mit umso größerem Interesse, um herauszufinden, welche Attribute eine Zeitung erfüllen muss, um bei der Preisverleihung berücksichtigt zu werden.

Die TA also erhielt in diesem Jahr den 1. Preis für ihre Treuhand-Serie. Eine ausgezeichnet recherchierte und verfasste Serie, für die sie zu Recht gewürdigt wird. Dass sie dafür aber den 1. Preis des Lokaljournalistenpreises erhält, kann ich nicht nachvollziehen. Hätte sie dafür einen Sonderpreis zuerkannt bekommen – falls die Stiftung einen solchen vorhält – fände dies meinen Beifall. Der Lokaljournalistenpreis allerdings sollte sich nicht auf ein begrenztes Thema beschränken, sondern das journalistische Verdienst einer Zeitung während eines ganzen Jahres würdigen. Damit stehe ich sicher nicht allein, hat doch sogar der Chefredakteur der TA, Paul-Josef Raue selbst im vergangenen Jahr anlässlich der Verleihung dieses Preises an den „Bonner Generalsanzeiger“ zum Thema „Was ist guter Lokaljournalismus? Themen setzen, die die Menschen bewegen“ u.a. geäußert (Zitat): Die Redakteure nehmen also nicht die Themen, die ihnen, ihren Bekannten und Freunden gefallen, sondern sie hören zu, worüber die meisten Menschen in ihrer Stadt und ihren Dörfern reden oder reden wollen. Sie bewältigen die größte Schwierigkeit der Lokalredakteure: Sie müssen sich außerhalb ihrer Gemeinschaft umhören, dort wo sich nicht die hoch gebildeten Eliten versammeln, den Meinungsträger, die Bestimmer.(Ende des Zitats).

Dass die meisten Menschen in unserer Stadt und den Dörfern heute noch ausgerechnet über die Treuhand und deren Geschäfte reden wollen, wird sicher niemand ernstlich behaupten. Das Problem Treuhand ruft heute höchstens verbitterte Erinnerungen wach. Und tatsächlich heißt es ja auch dazu in der TA vom 17.05.13 (Auszug): „Die Jury hat sich für die TA und ihre Leser entschieden, weil mit der Serie eine historische Aufarbeitung des Themas und eine Verknüpfung mit der Gegenwart unter Einbeziehung der Leser auf herausragende Weise gelungen ist.“ (Ende des Auszugs). Es ist also selbst von der TA selbst keine Rede von „den meisten Menschen“ in ihrer Stadt die Rede. Und es ist auch kein Thema, das lokal begrenzt ist, sondern sich auf Thüringen als Bundesland bezieht. Und letztlich dürfte sicher auch interessant sein, wie es mit dem investigativen Journalismus der „Thüringer Allgemeine“ zu jener Zeit bestellt war, zu der die Treuhand in Thüringen Ländereien und Unternehmen „verscherbelte“. Und wenn es in der Pressemitteilung der Konrad Adenauer-Stiftung heißt (Auszug): „Die Thüringer Allgemeine erhält den Preis für die Serie „Treuhand in Thüringen“, die vorbildlich zeigt, wie ein brisantes politisches Thema lokal und regional umgesetzt und damit eine lebendige Debatte entfacht wird“, dann bleibt festzustellen, dass ersteres zwar zutreffen mag. Dass damit aber „eine lebendige Debatte entfacht wird“, trifft ganz sicher nicht zu. Es löst höchstens, wie bemerkt, bittere Erinnerungen und Resignation aus.

Sei zum Vergleich zu diesem 1. Preis ein Blick auf den zweiten Träger des 1. Preises geworfen, dem „Hamburger Abendblatt“: Dazu heißt es in der PR (Auszug): Das Hamburger Abendblatt demonstriert mit seinem crossmedialen Stadt-Konzept modernen Lokaljournalismus in all seinen Facetten. Die Reporter katalogisieren, testen und bewerten nach zehn Kriterien alle 8.100 Straßen der Stadt. Ergebnis ist ein digitaler Straßenratgeber, der von Lesern und Redakteuren kontinuierlich und ressortübergreifend weitergeschrieben wird.“(Ende des Auszugs). Dass in den Redaktionen beider Zeitungen der Preis vermehrt für Kundenwerbung genutzt wird, ist naheliegend und verständlich. Wer dabei die größere Wirkung erzielt, darüber will ich hier nicht spekulieren. Für mich bleibt auch angesichts der weiter Gewürdigten die Überlegung, was guten Lokaljournalismus wirklich ausmacht. 

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