Die „Thüringer Allgemeine“ hat –
gemeinsam mit dem „Hamburger Abendblatt“ - nach einer
Pressemitteilung der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 17.05.13 den
Lokaljournalistenpreis 2012 erhalten. Und von der TA weiß ich, dass
sie das am gleichen Tag ganzseitig in der eigenen Zeitung würdigte.
Wobei sie im Editorial ausdrücklich ihren Lesern dankte. Und das
regt mich zu einigen Überlegungen an.
Die TA erhielt diesen renommierten
Lokaljournalistenpreis für ihre Serie „Treuhand in Thüringen“.
Wie sich aus der Pressemitteilung ergibt, hatte die Jury unter
insgesamt 711 Einsendungen zu entscheiden, nachdem es im Vorjahr noch
588 waren. Und damals bemerkt wurde, dass dies so viele wie nie zuvor
gewesen seien. Der seit 32 Jahren jährlich zur Verleihung kommende
Preis gewinnt also weiter an Popularität.
Mein Interesse an diesem
Journalistenpreis beruht vornehmlich auf der Tatsache, dass ich
selbst einmal einen Vorschlag für die Verleihung einbrachte. Ohne
jeden Erfolg. Seitdem aber verfolge ich diese Bewerbe mit umso
größerem Interesse, um herauszufinden, welche Attribute eine
Zeitung erfüllen muss, um bei der Preisverleihung berücksichtigt zu
werden.
Die TA also erhielt in diesem Jahr den
1. Preis für ihre Treuhand-Serie. Eine ausgezeichnet recherchierte
und verfasste Serie, für die sie zu Recht gewürdigt wird. Dass sie
dafür aber den 1. Preis des Lokaljournalistenpreises erhält, kann
ich nicht nachvollziehen. Hätte sie dafür einen Sonderpreis
zuerkannt bekommen – falls die Stiftung einen solchen vorhält –
fände dies meinen Beifall. Der Lokaljournalistenpreis allerdings
sollte sich nicht auf ein begrenztes Thema beschränken, sondern das
journalistische Verdienst einer Zeitung während eines ganzen Jahres
würdigen. Damit stehe ich sicher nicht allein, hat doch sogar der
Chefredakteur der TA, Paul-Josef Raue selbst im vergangenen Jahr
anlässlich der Verleihung dieses Preises an den „Bonner
Generalsanzeiger“ zum Thema „Was ist guter Lokaljournalismus?
Themen setzen, die die Menschen bewegen“ u.a. geäußert (Zitat):
„Die
Redakteure nehmen also nicht die Themen, die ihnen, ihren Bekannten
und Freunden gefallen, sondern sie hören zu, worüber die meisten
Menschen in ihrer Stadt und ihren Dörfern reden oder reden wollen.
Sie bewältigen die größte Schwierigkeit der Lokalredakteure: Sie
müssen sich außerhalb ihrer Gemeinschaft umhören, dort wo sich
nicht die hoch gebildeten Eliten versammeln, den Meinungsträger, die
Bestimmer.(Ende des Zitats).
Dass
die meisten Menschen in unserer Stadt und den Dörfern heute noch
ausgerechnet über die Treuhand und deren Geschäfte reden wollen,
wird sicher niemand ernstlich behaupten. Das Problem Treuhand ruft
heute höchstens verbitterte Erinnerungen wach. Und tatsächlich
heißt es ja auch dazu in der TA vom 17.05.13 (Auszug): „Die Jury
hat sich für die TA und ihre Leser entschieden, weil mit der Serie
eine historische
Aufarbeitung des Themas und eine Verknüpfung mit der Gegenwart unter
Einbeziehung der Leser auf herausragende Weise gelungen ist.“ (Ende
des Auszugs). Es ist also selbst von der TA selbst keine Rede von
„den meisten Menschen“ in ihrer Stadt die Rede. Und es ist auch
kein Thema, das lokal begrenzt ist, sondern sich auf Thüringen als
Bundesland bezieht. Und letztlich dürfte sicher auch interessant
sein, wie es mit dem investigativen Journalismus der „Thüringer
Allgemeine“ zu jener Zeit bestellt war, zu der die Treuhand in
Thüringen Ländereien und Unternehmen „verscherbelte“. Und wenn
es in der Pressemitteilung der Konrad Adenauer-Stiftung heißt
(Auszug): „Die
Thüringer
Allgemeine erhält
den Preis für die Serie „Treuhand in Thüringen“, die
vorbildlich zeigt, wie ein brisantes politisches Thema lokal und
regional umgesetzt und damit eine lebendige Debatte entfacht wird“,
dann bleibt festzustellen, dass ersteres zwar zutreffen mag. Dass
damit aber „eine lebendige Debatte entfacht wird“, trifft ganz
sicher nicht zu. Es löst höchstens, wie bemerkt, bittere
Erinnerungen und Resignation aus.
Sei
zum Vergleich zu diesem 1. Preis ein Blick auf den zweiten Träger
des 1. Preises geworfen, dem „Hamburger Abendblatt“: Dazu heißt
es in der PR (Auszug): Das
Hamburger
Abendblatt
demonstriert mit seinem crossmedialen Stadt-Konzept modernen
Lokaljournalismus in all seinen Facetten. Die Reporter
katalogisieren, testen und bewerten nach zehn Kriterien alle 8.100
Straßen der Stadt. Ergebnis ist ein digitaler Straßenratgeber, der
von Lesern und Redakteuren kontinuierlich und ressortübergreifend
weitergeschrieben wird.“(Ende des Auszugs). Dass in den Redaktionen
beider Zeitungen der Preis vermehrt für Kundenwerbung genutzt wird,
ist naheliegend und verständlich. Wer dabei die größere Wirkung
erzielt, darüber will ich hier nicht spekulieren. Für mich bleibt
auch angesichts der weiter Gewürdigten die Überlegung, was guten
Lokaljournalismus wirklich ausmacht.
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