Dienstag, 16. Oktober 2012

Schavan und das Gewissen


Es ist schon erstaunlich, finde ich, was man derzeit um Bildungsministerin Annette Schavan aufführt in Kreisen, denen man ein Urteil zugestehen kann. Und mehr noch in der Reaktion mancher Bürger, die die Gelegenheit nutzen, um in Kommentaren auf Zeitungsberichte ihre Meinung äußern. Überwiegend hämisch und anonym natürlich, damit man im Falle der Zweckmäßigkeit so tun kann, als wäre nie etwas gewesen.

Ich weiß (natürlich) nicht, ob an den Unterstellungen, sie habe sich vor 32 Jahren des Plagiats schuldig gemacht, etwas wahres dran ist – offenbar sind sich da ja auch die Wissenschaftler nicht einig, für mich hat sie aber in den Jahren als CDU-Vordere und schließlich auch als Bildungsministerin bewiesen, dass sie eine fähige Politikerin und ausgezeichnete Fachministerin ist. Und das ist für mich Grund genug, ihr meinen Respekt und mein Vertrauen auszudrücken (auch wenn sie davon nichts hat).

Ich weiß nicht – und will auch nicht wissen – was jenen und jene bewogen hat, die in den vergangenen Jahren die Dissertationen von Politikern auf Plagiate hin durchforsteten (und dafür viel Zeit aufwenden mussten), und ich weiß ebenso wenig über die Motive, die jene bewogen, aus den Arbeiten anderer Leute abzuschreiben, ohne die Quellen zu benennen.
Demgegenüber aber sind mir alle durch ihre Ämter und ihre Parteiarbeit bekannt aus Berichten und teilweise auch durch Ansprachen und Gesprächen – sogar die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten – und in keinem einzigen Fall hatte ich den Eindruck, sie hätten sich durch ihre inkriminierten Arbeiten ihre Ämter und Würden erschlichen.

Ich habe das im vergangenem Jahr schon im Zusammenhang mit dem Ex-Verteidigungsminister von Guttenberg geschrieben und gemeint, dass mir der Titel eines Menschen allein wenig Respekt abnötigt (zumal mir der österreichische Hang nahe liegt, auch zu jemanden noch Doktor zu sagen, der im Grunde rein gar nichts ist). Dass für mich dagegen die Persönlichkeit zählt, mit der ich es zu tun habe. Und habe mir damit einige Kritik eingehandelt.

Im Falle der Bildungsministerin jedenfalls finde ich die Verhaltensweise der Presse bezeichnend, die jede auch noch so anonyme Mitteilung aufgriff, um gegen Annette Schavan zu argumentieren (z.B. Spiegel online am 10.Okt.: (Auszug) „Der anonyme Plagiatsjäger "Robert Schmidt" hat die Doktorarbeit von Annette Schavan durchsucht und jetzt sein privates Urteil gefällt. . . .Bleibt die Frage: Warum prüft die Uni immer noch?“ (Ende des Auszugs) Sachlichkeit kann ich darin nicht erkennen. Andere Zeitung argumentierten übrigens ähnlich. Und erst jetzt, nachdem anerkannte Wissenschaftler Schavan in Schutz nehmen, ändert sich ihr Tenor. Wobei auch bei ihnen auffällt, dass sie sich erst jetzt zu Wort melden, nachdem die Bundeskanzlerin Annette Schavan ihr vollstes Vertrauen ausdrückte.

Bleibt mir noch zu bemerken, dass ich der Ministerin allein ihr Bemerken „Schämen Sie sich“ damals gegenüber von Guttenberg verüble. Und darin Selbstgerechtigkeit als Charaktermanko sehe. Sie dürfte es inzwischen bereut haben.

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