Sonntag, 28. Oktober 2012

Ist die Pressefreiheit in Gefahr?


Den Eindruck vermitteln mir die Medienberichte der vergangenen Tage über Anrufe des Pressesprechers des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer beim ZDF im Zusammenhang mit dem SPD-Parteitag der bayerischen SPD. Und plötzlich weiß man auch von einem Anruf im März vergangenen Jahres der Pressesprecherin des damaligen bayerischen Umweltministers Markus Söder im mittelbaren Zusammenhang mit der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima. Und beide Vorgänge werden von den Medien – und besonders dem ZDF und der „Süddeutschen Zeitung“ in einer Weise ausgewalzt und dargestellt, als wäre es in beiden Fällen ein direkter Angriff auf die Pressefreiheit gewesen.

Das war es meines Erachtens ganz gewiss nicht. Ich meine, es muss ganz allgemein – und besonders in diesen Fällen – einem Pressesprecher erlaubt sein, bei einem Medium anzurufen, um ein Bedenken oder einen Vorbehalt vorzutragen. Und es ist Sache des Gesprächpartners in der angerufenen Redaktion (oder Redaktionsleitung), darüber zu befinden, ob das Vorbringen berechtigt ist und berücksichtigt werden sollte, oder aber abschlägig beschieden werden muss, aus welchen berechtigten Gründen auch immer. So einfach ist das. Und man müsste kein Problem daraus machen.

Den Pressesprechern müsste ich in beiden Fällen Unbedarftheit gegenüber den Medien unterstellen. Wer mit Pressesprechern Erfahrung hat weiß allerdings, dass sie nicht selten zu Selbstüberschätzung und damit zu Eigenmächtigkeiten neigen. Jedenfalls aber hätten sie wissen müssen, dass sie bei den Medien auf Institutionen treffen, die solche Anrufe registrieren und ganz nach jeweiliger Interessenlage auslegen und mit ihren Mitteln der Rhetorik oder auch dialektisch begründen. Medien werden in einer solchen Situation stets in der Vorhand sein. Was soll zum Beispiel die Aussage des Chefredakteurs des ZDF, Hans Frey : „Der Anruf Strepps (Pressesprecher Seehofers) war versuchte Intervention?“ Das kann Einflussnahme oder Einmischung ebenso bedeuten wie Klärung oder Schlichtung. Die Tendenz ist allerdings offensichtlich und gewollt.

Und weil ich schon bei Definitionen bin: Anfang 2011 rief die Pressesprecherin Söders beim Bayerischen Fernsehen an, nachdem von diesem ein Beitrag zu CSU-Minister Markus Söder gesendet worden war. Dazu schreibt nun heute die „Süddeutsche“(Auszug): „Es gibt im Journalismus zwei Möglichkeiten, ein Thema zu behandeln: Man kann das auf originelle (also subjektiv und tendenziös) oder auf konventionelle Art (also sachlich und objektiv) tun. Was soll man also davon halten, wenn in einer Nachrichtensendung des Bayerischen Fernsehens zuerst ein origineller, aber nicht vorteilhafter Beitrag über den CSU-Minister Markus Söder gesendet wird, aber in den späteren Ausgaben durch einen sehr konventionellen Beitrag ersetzt wird? Der Fall wird vor allem dadurch auffällig, dass zwischen den beiden Sendungen Söders Pressesprecherin Ulrike Strauß in der Fernsehredaktion und bei deren Chef daheim angerufen hat. . .“ (Ende des Auszugs)

Es geht also um die Behauptung, dass es im Journalismus zwei Möglichkeiten in einer Nachrichtensendung gibt, ein Thema zu behandeln. Und das stimmt nach meiner Auffassung und so, wie ich es einstens mal lernte, nicht: Originalität hat in einer Nachrichtensendung nichts zu suchen, die hat absolut sachlich (also das, was hier als konservativ bezeichnet wird) zu sein. Also wäre es doch berechtigt, wenn Ulrike Strauß beim Bayerischen Fernsehen anrief und Sachlichkeit reklamiert haben könnte!? Immerhin reagierte das Bayerische Fernsehen und besann sich auf Sachlichkeit. Dass nun auch diesem Vorgang eine konstruierte Tendenz gegeben wird, ist zwar durch die Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt, fair oder sachlich aber ist es nicht. Das verlangt aber auch die Pressefreiheit nicht. Und damit nehmen diese Medien nicht nur Meinungsfreiheit, sondern geradezu Narrenfreiheit für sich in Anspruch. Und das ist meines Erachtens denkbar problematisch. Im übrigen und letztlich weiß man eh' nicht, was man glauben soll angesichts der widersprüchlichen Beteuerungen beider Seiten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen