Dienstag, 23. Oktober 2012

FH Nordhausen: Bildung kostet nicht nur . . .


sie bringt auch nachweislich was ein. Mit dieser Feststellung hat die Fachhochschule Nordhausen scheinbar neugierig machen wollen auf die Vorstellung einer Studie über die ökonomische Bedeutung der Fachhochschule Nordhausen für die Region Nordthüringen. Das geschah gestern im Audimax. Neugierig auf ihren Inhalt und demzufolge Teilnehmer an der Veranstaltung aber waren außer der Landrätin des Landkreises Nordhausen, Birgit Keller und des Bürgermeisters der Stadt Nordhausen, Matthias Jendricke nur wenige.

Insbesondere vermisste man Vertreter der Wirtschaft. Man könnte vermuten, dass das Thema Marketing dort noch nicht angekommen ist. Denn immerhin birgt die Fachhochschule mit seinen Professoren, Angestellten und besonders mit ihren derzeit 2570 Studierenden ein wirtschaftliches (finanzielles) Potenzial, das wohl noch längst nicht so erschlossen ist, wie es sein könnte. Wenn ich zum Beispiel an den kürzlich stattgefundenen Auftritt eines Ballettensembles des Theaters Nordhausen in der Mensa der Fachhochschule denke, die damit bei den Studierenden Anreize zum Besuch des Balletts „Don Quichottte“ schaffen wollte, das gerade morgen zu besonders günstigen Preisen zum Besuch einlädt, bleibt mir festzustellen, dass die Kultur und Kunst, also z.B. das Theater Nordhausen damit Zeichen setzte für die Werbung um dieses erwähnte Potenzial. Richtig ist wohl auch, dass die Fachhochschule in vielfacher Hinsicht Impulsgeber für die Region geworden ist, das Echo aus der „Hochschulstadt“ Nordhausen, abgesehen von besonderen Veranstaltungen, wie etwa die „Nacht der Wissenschaften“ eher verhalten ist.

Wie dem auch sei: Seit 1997 gibt es die Fachhochschule in Nordhausen (FHN), und es gibt in Nordhausen das Regionalbudget (der Nachfolgerin des vormaligen Regionalmanagements), das nun wissen wollte, welche Bedeutung die Fachhochschule nun aktuell in wirtschaftlicher Hinsicht für die Region hat. Und beauftragte Prof. Dr. Jörg Arnsmeyer von der FH mit der Erstellung eines entsprechenden Gutachtens. Das dieser gestern im Audimax der Fachhochschule vorstellte. Wie schon in der Ankündigung dieser Veranstaltung festgestellt wurde, ist es das erste seiner Art, und bot sich für Nordhausen auch deshalb an, weil die Wirkung der Fachhochschule für die Region seit deren Gründung gut nachvollziehbar ist. Ähnlich könnte sich eine solche Untersuchung für Schmalkalden mit seinen knapp 20 000 Einwohnern und seiner 1991 gegründeten Fachhochschule mit ihren ca, 3000 Studierenden als durchführbar erweisen, während die ökonomische Bedeutung der Fachhochschulen in Jena und Erfurt eine solche Untersuchung wohl kaum ermöglichen würde.

Die gestern vorgestellte Studie liefert ein sehr anschauliches Bild von der ökonomischen Bedeutung, die die Fachhochschule in den Jahren ihres bisherigen Bestehens in der Region Nordthüringen erreichte. Und die besteht immerhin aus vier Landkreisen. Vertreter aus den anderen Landkreisen neben Nordhausen waren allerdings erkennbar keine unter den Teilnehmern. Die Studie gibt allerdings auch keine Auskunft darüber, wie sich die Fachhochschule in ihrer ökonomischen Bedeutung konkret etwa auf den Eichfeld- , den Kyffhäuserkreis oder auch den Unstrut-Hainichkreis auswirkt. Bleibt hier noch anzumerken, dass mit der Landtagsabgeordneten Evelin Groß (CDU) immerhin auch die Politik vertreten war.

Verantwortlich für die Studie ist Prof. Dr. Jörg Arnsmeyer, von der FHN, der sie auch vorstellte und recht anschaulich in allen ihren Teilen erläuterte. Dabei gleich eingangs betonte, dass Fachhochschulen gut zu einer kleinteiligen KMU-starken Wirtschaftsstruktur in Thüringen passen, weil sie starke lokale Dynamik in der Wirtschaft generieren, oft in Zusammenarbeit mit KMUs, also Klein- und mittelständischen Unternehmen vor Ort. Und höhere lokale „Klebeeffekte“ bei Absolventen erzielen als Universitäten. Tatsächlich – so hatte der Präsident der FH, Prof. Dr. Jörg Wagner kürzlich erklärt, bleibt etwa die Hälfte der Absolventen der FH Nordhausen im Umkreis von etwa 50 Kilometern. Hier allerdings beschränkte er sich auf die Begrüßung der Teilnehmer und die Einführung des Referenten.

Im Ergebnis ist nach dessen Studie die Fachhochschule ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region Nordthüringen, die mit einem Gesamtbudget von rund 12,2 Mill.€ (Stand 2011), das zu etwa 25% für Sachausgaben verwendet wird, ein bedeutender Nachfrager in der Region. Gleichzeitig gehört sie mit 174 Mitarbeitern zu den wichtigen Arbeitgebern, haben doch nur 2,5% der regionalen Arbeitgeber mehr als 50 Beschäftigte. Die KMUs dominieren also bei weitem. Diese sicheren Arbeitsplätze tragen zu einem erheblichen Nachfrageimpuls im Gewerbe der Region bei. Doch nicht nur die Mitarbeiter, sondern ganz besonders die über 2 500 Studierenden sind kaufkräftige Kunden der regionalen Unternehmen, zumal ein großer Teil ihrer Ausgaben in der Region verbleibt. Damit sind die Studierenden der bestimmende Teil des positiven wirtschaftlichen Effektes der FHN: Auf ihre Aktivitäten sind rund ¾ der zusätzlichen Nachfrage in der Region zurück zu führen.

Prof Arnsmeyer schlüsselte in seinen Ausführungen die Einkommen der Studierenden als auch der Lehrenden und Angestellten der FHN auf und erläuterte, welche Effekte durch deren Ausgaben in der Region erzielt werden. (So generiert z.B. jeder in der Region wohnende Professor im Schnitt eine jährliche Nachfrage in Höhe von über 35 000€.) Während demzufolge bei den Studierenden - abgesehen von den „Klebeeffekten“ ein ständiges Kommen und Gehen herrscht, sind Angestellte und Professoren eher seßhaft. Wobei sich die Frage stellt, ob gerade für sie genügend getan wird, um ihnen in der Region zur Seßhaftigkeit zu verhelfen. Bekannt sind Professoren, die sich in Nachbarkreisen ansiedelten, weil ihnen in Nordhausen keine geeigneten Immobilien bzw. Bauplätze geboten wurden. Die Region Nordthüringen hat sich immerhin seit Bestehen der FHN in Bezug auf Einkomen und Einkommensverteilung besser entwickelt als das Land Thüringen insgesamt, wozu die FHN einen wichtigen Beitrag geleistet haben dürfte.

Der Referent gab in seinen Ausführungen eine kurze, aber präzise Übersicht zur Fachhochschule Nordhausen, die mit derzeit 2 570 Studierenden die kleinste und jüngste Fachhochschule in Thüringen ist, die einen breiten Fächerkanon anbietet. Mehr als die Hälfte der Studierenden kommen nicht aus Thüringen. Insbesondere für die Nachbarländer Niedersachsen (338 Studierenden) und Sachsen-Anhalt (302 Studierende) stellt Nordhausen eine attraktive Alternative zum studieren dar. Aus den übrigen Thüringer Nachbarländern (Sachsen, Bayern und Hessen) kommen 303 Studenten an die FHN. Aber auch für junge Menschen aus weiter entfernten Bundesländern scheint Nordhausen ein attraktiver Studienort zu sein, kommen doch z.B. aus Baden-Württemberg derzeit immerhin 118 Studierende. Damit ist die FHN thüringenweit die Fachhochschule mit den höchsten Anteil von Studierenden, die nicht aus Thüringen kommen. Prof. Arnsmeyer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass mit der Zuwanderung aus anderen Bundesländern ein erheblicher Mittelstransfer in die Region Nordthüringen stattfindet, zumal auch gerade diese Studenten ihren Lebensmittelpunkt häufig vor Ort haben und einen wesentlichen Teil ihrer Ausgaben in der Region tätigen.

Der Professor veranschaulichte seine Ausführungen durch Schaubilder, Diagramme und Tabellen, die neben den Einkommen der Studenten auch über die Einkommenssituation von Professoren und Angestellten Auskunft gaben und die durch deren Ausgaben entstehenden Effekte in der Region. Nachdem Prof Arnsmeyer auch noch die sich abzeichnenden langfristigen Effekte aus der Leistungserstellung aufgezeigt hatte, kam er zur Schlussbetrachtung, bei der er noch einmal feststellte, dass die Fachhochschule Nordhausen zur Prosperität der Region Nordthüringen beiträgt und die Region auch noch indirekt von der Ansiedlung der FHN profitiert, nämlich durch die Stärkung der Unternehmen der Region durch den permanenten Wissenstransfer, der ein ganz wichtiger Effekt sein dürfte. „Aber auch die Tatsache, dass durch den monetären Impuls das Angebot an Waren und Dienstleistungen differenzierter ausfallen kann und die öffentliche Infrastruktur besser ausgelastet wird, ist hier positiv hervorzuheben“, so Prof.Arnsmeyer. „Der Standort der Hochschule kann auch deshalb seine Attraktivität erhalten und verbessern.“

Nach einer recht sachbezogenen Diskussion überreichte Prof. Dr. Arnsmeyer die Studie der Landrätin des Kreises Nordhausen. Birgit Keller. Die übrigens in der nnz heruntergeladen werden kann.

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