Stadt Nordhausen sieht Durchführung der Landratswahlen im Februar 2021 kritisch
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Nordhausen (psv) Die Ankündigung, dass die
Landratswahl im Landkreis Nordhausen vor dem Hintergrund einer
ungewissen Entwicklung des gegenwärtigen Pandemiegeschehens bereits am
28. Februar 2021 durchgeführt werden soll, hatte in der letzten
Woche bereits der Kreisverband Nordhausen des Gemeinde-und Städtebunds
Thüringen offen kritisiert. Das an das Landratsamt Nordhausen gerichtete
Schreiben des Kreisverbands wurde auch durch die Stadt Nordhausen
unterzeichnet. Ergänzend dazu hat die Stadtverwaltung
zu den aufgezeigten Problemlagen gegenüber dem Landratsamt Stellung
bezogen.
„Angesichts der angespannten und ungewissen Entwicklung der Corona-Pandemie ist aus Sicht der Stadtverwaltung Nordhausen eine Wahl aus wahltaktischen Gründen im Februar grundsätzlich nicht nachvollziehbar und unverantwortlich“, so Oberbürgermeister Kai Buchmann. Neben den organisatorischen und logistischen Problemen, konterkariert die Terminsetzung darüber hinaus vollumfänglich die ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2. „Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Nordhausen und im gesamten Landkreis tut alles dafür, um der Pandemie zu begegnen. Sie reduzieren persönliche Kontakte, halten Abstand, nehmen Einschränkungen im wirtschaftlichen, privaten sowie gesellschaftlichen Leben in Kauf und entlasten dadurch die Krankenhäuser und auch das Management der Pandemie des hiesigen Gesundheitsamtes. All diesen Menschen, denen in den letzten Wochen und Monaten viel abverlangt und immer wieder suggeriert wird, dass das Pandemie-Geschehen im kommenden Jahr noch nicht vorüber sein wird, mutet das Landesverwaltungsamt mit der Entscheidung zur kurzfristigen Landratswahl im Februar 2021 kaum Vermittelbares zu“ ergänzt Buchmann.
Bedenklich ist auch die Entwicklung der Infektionszahlen (Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner auf 7 Tage). Diese pendeln sich seit geraumer Zeit im Landkreis bei Werten über 100 ein. Dies bedeutet entsprechend der Landesvorgaben Stufe 4 (von 5) im Landkreis. In der vergangenen Woche wurde am Mittwoch der bisherige Höchststand von deutschlandweit 487 Todesfällen erreicht und am Freitag, den 4. Dezember 2020, erfolgte einer der höchsten Anstiege der Fallzahlen. Zwischenzeitlich hat die Bundes- bzw. Landesebene reagiert und den Teil-Lockdown bis 10. Januar 2021 verlängert. Lockerungen über Weihnachten stehen zur Disposition. Für die Thüringer Theater wurde, entsprechend der Vorgaben der Staatskanzlei, bis 31. Januar 2021 eine Schließung angeordnet.
Abgesehen von diesen infektionsmedizinischen Aspekten gibt es organisatorische und logistische Gründe, weshalb der Wahltermin im Februar 2021 nur unter maximalen und unverhältnismäßigen Erschwernissen umzusetzen ist:
Verfügbarkeit von Wahllokalen in den Wahlbezirken
Die Stadt Nordhausen nutzt für ihre 42 Wahllokale
größtenteils Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Seniorenheime und
Dorfgemeinschaftshäuser. Besonders Schulen, Kindergärten und
Seniorenheime stehen aufgrund der derzeitigen Infektionsschutzmaßnahmen
der Öffentlichkeit, zum Beispiel durch Zugangsverbote, Besuchsverbote,
etc., nicht zur Verfügung. Alternative Räumlichkeiten sind angesichts
der Anforderungen an Raumgröße, Barrierefreiheit und an die Lage im
Wahlbezirk
nicht vorhanden.
Bereits im Rahmen der Bombenentschärfungen und
Evakuierungen im Juni 2020, waren die Vorgaben des hiesigen
Gesundheitsamtes für die Nutzung von Räumlichkeiten - mit Blick auf die
Eindämmung des Ansteckungsrisikos zu Recht streng und aufwendig.
Nach jetzigem Stand wären für Hygienemaßnahmen in den teilweise
improvisierten Wahllokalen (Zelten) kurzfristig große Mengen
Hygieneausstattung, zum Beispiel Trennwände, Mund–Nasen-Bedeckungen,
medizinische Gesichtsmasken, partikelfiltrierende Halbmasken,
Desinfektionsmittelspender, Raumlüfter, Heizungen und Schutzhandschuhe
zu beschaffen. Die rechtzeitige Anlieferung ist aufgrund immer wieder
auftretender Lieferengpässe fraglich. Die Konkurrenz mit medizinischen
Einrichtungen um dieses knappe Gut ist ethisch
schwer vertretbar, wenn der Termin am 28. Februar 2021 nicht zwingend
notwendig ist.
Rekrutierung von Wahlhelfern
Sehr schwierig - aus heutiger Sicht unmöglich -
wird auch die Gewinnung von bis zu 370 Wahlhelferinnen und Wahlhelfern
werden, die schon unter normalen Bedingungen nicht leicht war. Es ist
davon auszugehen, dass ein nicht unbeträchtlicher
Anteil an Wahlhelferinnen und Wahlhelfern zur Risikogruppe zählen wird
und für die Arbeit im Wahllokal bereits jetzt nicht einplanbar ist.
Absicherung der Wahllokale
Es muss davon ausgegangen werden, dass sich vor den Wahllokalen aufgrund der Zugangsregelungen lange Warteschlangen bilden. Um hier das Ansteckungsrisiko zu minimieren, müsste Security-Personal in ausreichender Anzahl, evtl. im Schichtdienst, für die jeweils 42 Wahllokale vorgehalten werden.
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