Mittwoch, 5. September 2012

Kunst als Bekenntnis


Die Einladung zu dieser gestern in der Galerie der Kreissparkasse Nordhausen eröffneten Bilderausstellung ließ schon vermuten: für tiefgründiger denkende und empfindende Menschen könnte es erhöhter Konzentration bedürfen. Was die hier angebotene thematische Einschätzung nur anklingen lassen kann.

Das konnte, musste aber nicht so sein. Feinsinnig (musisch) veranlagte Besucher dürften die Vernissage mit dem Eindruck verlassen haben, einen heiteren musikalischen Abend erlebt zu haben, denn was die junge Flötistin Franka Angelstein auf ihrem Instrument – begleitet auf dem Klavier von der Musikpädagogin Simona-Daniela Natu (Kreismusikschule Nordhausen) – in der musikalischen Umrahmung dieser Ausstellungseröffnung ihren Zuhörern bot, war ausgezeichnete Musik. Wozu die ausgewählten Musikstücke (Stamitz: Konzert op.29 und Devienne: Konzert Nr.4, jeweils 2. und 3 Satz) es leicht fallen ließen, sich dem Hörgenuss zu widmen.

Was nicht ausschloss, dabei zumindest die Bilder zu betrachten, die sich an der Wand hinter den musizierenden Virtuosinnen befanden. Falls man das nicht schon zuvor getan hatte. Und sich dabei der ersten beiden Sätze in der gedruckten Einladung zu erinnern: „Kunst außerhalb der Kunst. Das ist Art Brut. Das ist Naive Kunst. Das ist Kunsttherapie. Ein radikales Bekenntnis zur Regellosigkeit von Kunst, ist ein Weg, neue Freiräume im Denken zu erreichen.“ Und allein schon diese beiden Sätze konnten angesichts der dort platzierten Bilder über Regellosigkeit von Kunst nachdenken lassen. Oder auch neugierig machen auf die Aufschlüsse, die von der Laudatio zu erhoffen sein würden.

Zunächst aber begrüßte Sebastian Gräser, Leiter des Vorstandssekretariats, die Besucher, unter denen man u.a. Landrätin Birgit Keller ausmachen konnte, dankte schon mal den musizierenden Künstlerinnen der Kreismusikschule, stellte Karin Kisker als Laudatorin vor und führte in großen Zügen in diese Kunstausstellung der beiden Kunststudenten Carolin Laege (geboren in Berlin) und Michael Wilke (geboren in Nordhausen) ein, die in dieser Ausstellung Malereien, Zeichnungen und Collagen aus ihren letzten drei Trimestern vorstellen.

Nach einem weiteren musikalischen Zwischenspiel erläuterte also Karin Kisker, was es mit diesen ausgestellten Werken auf sich hat. So logisch und folgerichtig ihre Ausführungen auch sein mochten, gehörte für ihre Zuhörer doch schon ein gehöriges Maß an Konzentration und Aufnahmefähigkeit dazu, um ihren Ausführungen zu folgen. Wobei noch hinzukommt, dass sie zumindest Michael Wilke schon als ihren vormaligen Schüler kannte, und damit seine Mentalität, Neigungen und Bestrebungen. Sie schloss an die Einführung Gräsers an, wies auf die Bilder an den Wänden hin, die deutlich machen würden, wohin sie ihr Weg geführt hat und welche Visionen sie dabei gehabt haben könnten. Und verband damit die Überlegung, ob dem wohl wirklich so ist.

Um darauf prompt zu antworten, dass sie diese Frage nicht beantworten kann: „Wir mögen unsere Ahnungen haben, doch sie taugen gerade so viel wie unsere Erinnerungen. Sie betrügen uns, weil sie diktatorisch sind. Die Welt ist längst vermessen und deswegen ist es vermessen zu behaupten, ein (gültiges) Weltbild zu haben. Das ist gerade so absurd wie gefährlich.“

Damit nicht genug, erklärte Kisker kategorisch: „ Jedes Bild, das Sie hier sehen, ist ein Weltbild. Es erklärt nichts, es sagt nichts und es will auch nichts sagen. Es ist, was es ist. So wie Getrude Stein das formulierte (eine amerikanische Schriftstellerin und Kunstsammlerin um die Jahrhundertwende): Eine Rose ist eine Rose“.
Damit könnte man es bewenden und es den Betrachtern der Bilder überlassen, zu eigenen Vorstellungen und Eindrücken sie kommen. Aber Kisker wäre nicht Kisker, wenn nicht erst damit ihre eigenen Betrachtungen beginnen würden. Und dass sie sich dabei in philosophische Gefilde begeben würde, entsprach ganz ihrer Geisteshaltung. Allerdings auch, um Michael Wilke zu charakterisieren: „Ich kenne Michael schon aus der Schule . . . und ich hatte das Vergnügen, ihn in Ethik zu unterrichten. Und aus der Erinnerung kann ich sagen, dass Michael Wilke mir schon damals auffiel, weil er nicht wie viele seiner Mitschüler die materiellen Dinge verfolgte.“ Und Kisker beschreibt Wilkes Neigung und Hinwendung zur Philosophie: „Das ist durchaus nicht abwegig für jemanden, der auf dieser Grundlage sodann mit Leib und Seele der Kunst verfällt. Der Philosoph spielt mit den Gedanken wie der Künstler mit den Mitteln. Letzteres ist freilich um einiges sinnlicher.“

Um Wilkes Weg transparent zu machen, führte Kisker u.a. aus: „Michael ist ein feiner Geist. Bedacht, bestimmt, suchend, fleißig, ausdauernd und vor allem brennend, brennend für die Kunst. Gewiss kann man das auch von Carolin sagen, die ich zwar nicht persönlich kennengelernt habe – und die verhindert war, an der Vernissage persönlich teilzunehmen - deren Bilder jedoch ausreichen, um solches auch von ihr zu behaupten. Beide Künstler (Jahrgang 1990) stehen am Anfang ihres Weges. Beide haben sich keinen leichten Weg erwählt. Aber dafür einen sehr schönen, den Schönsten überhaupt. Weltensammler, Künstler.“

Der Berichterstatter hatte angesichts der Laudatio genug zu tun, den Ausführungen Kiskers zu folgen, die hier lediglich bruchstückhaft aus dem Mitschnitt wiedergegeben sind. Um auf sie und die ausgestellten Bilder näher einzugehen, bedarf es eines weiteren Besuches der Galerie. Und intensiveren Nachdenkens über die Ausführungen Karin Kiskers. Um auch darauf weiter eingehen zu können. Davon abgesehen aber sind kunstinteressierte Bürger herzlich eingeladen, die Ausstellung zu besuchen, um die ausgestellten Bilder auf sich wirken zu lassen und sich eine Meinung zu bilden. Gelegenheit dazu ist bis zum 05.10.1012 Montag bis Freitag 08.00 – 18.00 Uhr gegeben

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