Gestern morgen hatte nnz schon versucht, im Zusammenhang mit der tags zuvor stattgefundenen Eröffnung des XII.Internationalen Chorfestivals in der Aula der Petersbergschule auf das am gestrigen Nachmittag folgende Chorkonzert am Festplatz des Petersberges einzustimmen, das damit seinen Höhepunkt erreichte. Ich gehörte zu den Zuhörern – und war zunehmend beeindruckt.
Dazu eine Vorbemerkung: die Moderation hatte das Mitglied des Nordhäuser Konzertchores, Thoralf Schenke. Er machte das in seiner recht offensiven, selbstsicheren aber gleichzeitig auch selbstgefälligen Art. Und stellte gegen Ende der Veranstaltung für sich selbst die Frage, ob wohl jemand von der Presse unter den Zuhörern sei, „sonst würden wir das selbst machen“. Ich verstehe diese Alternativfrage nicht: Jeder kann schließlich heutzutage einen Bericht oder Kommentar über ein Ereignis verfassen und ihn einer Zeitung anbieten. Bürgerreporter sind doch längst üblich!?
Doch nun zum Thema: Es war – wie erwartet – ein ausgezeichnetes Konzert der Chöre aus dem polnischen Ostrow/Wielkopolski, aus dem französischen Charleville-Mézières – bekanntlich beides Partnerstädte von Nordhausen - und zwei der bekanntesten Chöre aus Nordhausen. Dem Programm uneingeschränkte Aufmerksamkeit schenken konnten aber wohl nur die Zuhörer, denen es möglich war, sich uneingeschränkt auf das Programm zu konzentrieren. Nahezu unablässig nämlich war das Grollen eines drohenden Gewitters – einmal näher, einmal weiter entfernt - zu hören. Und so war es wohl der Qualität des guten Gesangs der beteiligten Chöre zuzuschreiben, dass es ihnen gelang, dem größten Teil der Zuhörer die Sorge zu nehmen, ein Unwetter könne dem Konzert ein vorzeitiges Ende bereiten: sie blieben und zeigten sich zunehmend beeindruckt von dem, was die Chöre nacheinander von der Bühne aus boten. Und das waren Auszüge aus dem jeweiligen Liedrepertoire der einzelnen dieser Chöre – vorwiegend volkstümliches Liedgut - auf durchweg hohem Niveau.
Es gab bei genauerem Hinhören der Vorträge natürlich Unterschiede in den Vorträgen der Chöre. Die hier allerdings vernachlässigt werden können und auch sollen, angesichts der Bedeutung dieses Festivals und des Anliegens, das damit verbunden ist: der Begegnung von Chören verschiedener Länder, die Liebe zur Musik, der Gemeinsamkeit in der gesanglichen Übereinstimmung und damit der Verbundenheit über nationale Grenzen hinweg. Und das ist mit dieser Veranstaltung ganz sicher einmal mehr gelungen.
Den Grundstein dafür legte schon – nach der Begrüßung der Teilnehmer durch Nordhausens Bürgermeister Matthias Jendricke – der Nordhäuser Konzertchor mit der an alle Teilnehmer gerichteten Chorfantasie „ Seid gegrüßt, lasst Euch empfangen“ von L.v. Beethoven (siehe nnz von gestern), dem das eigentliche Programm folgte. Das eröffnet wurde durch den Männerchor „Echo“ (Leitung Janusz Lipinski) aus dem östlichen Nachbarland Polen. Mit ihm stellte sich der älteste Chor vor – gegründet 1923 – der in seiner Geschichte wohl auch die meisten Erfolge im Ergebnis von Chorwettbewerben aufzuweisen hat. Was in seinen Darbietungen auch durchklang. Dass er eine Sopranistin als Mitwirkende aufbot, verstärkte noch diesen Eindruck. Es folgte der Gemischte Chor „Crescendo“ (Leitung: Frederique Marteau) aus dem geografisch gegenüber liegenden westlichen Nachbarland Frankreich, der ein sehr ausgewogenes, besinnlich stimmendes Programm bot, vornehmlich Volkslieder aus europäischen Ländern. Ganz anders, nämlich heiter bis fröhlich stimmend, der im Programmablauf folgende Männerchor Nordhausen (Leitung: Hans Frieder Liebmann), der stimmbetont Volks- und Heimatlieder aus dem deutschen Liederschatz folgen ließ, wenn man vom „Lied der Berge“ („La Montanara“) absieht. Ein ausgesprochen volkstümlich orientierter Chor also.
Den Abschluss der Einzelchöre bildete der gastgebende Konzertchor Nordhausen (Leitung: Daniela Ivanova), mit einem bunten, gleichzeitig aber sehr anspruchsvoll dargebotenen volkstümlichen Programm, das mit „Nehmt Abschied, Brüder“ einen ebenso sinnvollen Schlusspunkt setzte, wie umgekehrt es der Auftakt „Seid gegrüßt. . .“ war.
Dem folgte der gemeinsame Auftritt aller Chöre, die mit „Va Pensiero“ (dem Gefangenenchor) aus Verdis Oper „Nabucco“ einen volltönenden, eindrucksvollen letzten gesanglichen Höhepunkt intonierten, dem die noch folgenden Kanons, u.a. „Singen bringt Freude ins Herz“ „versöhnlich“ (sprich: heiter) ausklingen ließen.
Es war ein außerordentlich eindrucksvolles Chorkonzert, das durch das fast beständige Hintergrundgrollen drohender Gewitter etwas Spannendes oder auch Dramatisches mit sich brachte, das bis zum Schluss anhielt. Und sich dann in erleichtertem Beifall der Zuhörer für die gebotenen Leistungen der Chöre Ausdruck verschaffte. Sei abschließend noch bemerkt, dass insgesamt gesehen die Altersstruktur sowohl der Chormitglieder als auch der vielen Zuhörer auffiel. Und darauf schließen lässt, dass das in den zwei Stunden am Petersberg Gebotene trotz der gebotenen hohen Qualität der Vorträge nicht (mehr) mit dem übereinstimmt, was junge Menschen unter Musik und Gesang verstehen und heutzutage hören und erleben wollen. Umso mehr sollte das Liedgut, das hier auszugsweise geboten wurde, weiter gepflegt werden - auch oder gerade durch Veranstaltungen wie dieser. Der Dank gebührt deshalb umso mehr den Sponsoren, die dieses XII. Internationale Chorfestival in Nordhausen ermöglichten. Und dem Konzertchor, der es realisierte.
Ich begegnete dem polnischen „Echo“-Chor übrigens heute noch einmal, nämlich im Dom zum heiligen Kreuz, wo er das Hochamt ganz wesentlich mitgestaltete. Und mit dem „Ave Maria“ einen tief beeindruckenden musikalischen Abschluss bot. Aber damit auch seine ausgereifte Qualität seines Gesangs bestätigte.
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