Mittwoch, 25. Januar 2012
Gewerkschaft zeigte (etwas) Präsenz
Das heutige Neujahrstreffen 2012 des DGB-Kreisverbandes Nordhausen in den Rolandstuben fand unter dem Motto „Gerecht geht anders“ statt. Ein Thema also, das zumindest unter den Mitgliedern großen Zuspruch zu dieser Veranstaltung erhoffen ließ. Die Hoffnung trog, wie sich zeigte.
Lässt man die Gäste unberücksichtigt, mögen es etwa zwanzig Mitglieder einzelner Gewerkschaften gewesen sein, die unter dem Dach des DGB zusammengekommen waren, um sich durch das Referat des Landesbezirksleiters Ver.di Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Thomas Voß, für das begonnene Jahr 2012 motivieren zu lassen.
Man könnte spekulieren, ob die Teilnehmer an dieser Veranstaltung dann wirklich motiviert die Rolandstuben verließen. Was Voß ganz ohne Manuskript vortrug war inhaltlich sicher richtig und begründet, anschaulich und nachvollziehbar, aber für Menschen, die täglich Zeitung lesen und Nachrichten hören, waren es bekannte Themen und Probleme, verständlich vorgetragen, aber kaum geeignet, bei der Bewältigung der Probleme mitzuwirken.
Wenn man vom Kampf gegen den Rechtsextremismus absieht, den Voß allerdings als sehr ernst zu nehmende Gefahr und Entwicklung beschrieb, der man durch Teilnahme an Demonstrationen und eigenes demokratisches Bewusstsein entgegentreten müsse. Nachdem immerhin etwa 20 Prozent der Thüringer Bevölkerung empfänglich sein sollen für rechtsextremes Gedankengut. Diese Besorgnis überlagerte im übrigen alle anderen Themen des Referenten, zu denen – natürlich – die Forderung nach flächendeckenden Mindestlohn und gerechte Bezahlung für gute Arbeit ohne staatliche Aufstockung gehörte.
Im Blick auf die Situation Deutschlands und Europas beleuchtete Voß vor allem die sich weiter zuspitzende Schuldenkrise Griechenlands mit ihren Auswirkungen in volkswirtschaftlicher und sozialer Hinsicht. Der Referent veranschaulichte in diesem Zusammenhang die Auswirkungen der Exportwirtschaft Deutschlands auf importierende Länder, denen keine entsprechende Exporte von dort gegenüberstehen. Und Differenzen durch vermittelte Kredite – etwa durch die Deutsche Bank – überbrückt werden. Besonders die deutsche Rüstungsindustrie profitierte in der Vergangenheit durch derartige Funktionen, die – am Beispiel Griechenlands veranschaulicht – zu einem Ausmaß an Überschuldung führten, die das Land ohne Hilfen der EU in eine hoffnungslose Lage bringen würde. An deren Rand es trotzdem steht.
Voß streifte aber auch die (volks-)wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland, die zwar stabil seien, trotzdem aber unausgeglichen sind. Und die Binnenkaufkraft stagnieren lasse. Es sei an der Zeit, die Lohnzurückhaltung im Interesse der Arbeitnehmer aufzugeben und angemessene Lohnerhöhungen zu fordern. Wofür die Gewerkschaft eintritt und kämpfen will. Es müsse insgesamt zu einer gerechteren Steuer- und Finanzpolitik kommen. Voß erhielt für seine Ausführungen reichlich Beifall.
Eingeleitet war das Neujahrstreffen durch DGB-Kreisvorsitzenden Andreas Wieninger worden, der die Teilnehmer begrüßte, den Referenten einführte und auf seine Ausführungen einstimmte. Gleichzeitig vermeldete Wieninger einen neuen Kreisvorstand des DGB, dem er erneut vorsteht. Vertreterin ist Katrin Greiner, Schriftführer Harald Buntfuß. Diese letztgenannte Besetzung könnte – schon unter Berücksichtigung der offensiv gestimmten Ausführungen des Thomas Voß - bei Lesern der nnz gemischte Gefühle auslösen, kennt man da doch eine ganze Litanei von Forum-Beiträgen unter diesen Namen, die sich zwar durch keine konstruktive, wohl aber durch stets wiederkehrende Kritik an den politischen, gesellschaftlichen und jüngst auch bildungpolitischen (Hochschul-) Verhältnissen auszeichnen. Über deren Niveau und Berechtigung man durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann. Der DGB-Kreisverband sollte sensibel sein.
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