GEW Thüringen zum aktuellen Ländermonitor "Frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann Stiftung: Gute Kita geht nur mit mehr Fachkräften Die
frühkindliche Bildung in Thüringen ist gut aufgestellt: Hohe Quoten bei
der Bildungsbeteiligung und umfangreiche Betreuungszeiten zeigen,
dass es Thüringen auf quantitativer Ebene gelingt, ein umfassendes
Angebot vorzuhalten. Laut Ländermonitor der Bertelsmann Stiftung werden
55 Prozent der Unter-Dreijährigen sowie 96 Prozent der Über-Dreijährigen
in Kindergärten betreut. Thüringen erreicht bei den Über-Dreijährigen
damit bundesweit den höchsten Wert.
Aus Sicht der GEW
Thüringen mangelt es dem frühkindlichen Bildungssystem in Thüringen aber
an etwas sehr Entscheidendem: Bedürfnisorientierte und individuelle
Bildung und Förderung von Kindern sind in der Praxis erst dann wirklich
umsetzbar, wenn ausreichend Personal zur Verfügung steht. Laut
Ländermonitor ist dies für 94 Prozent der in Thüringen betreuten Kinder
aber nicht der Fall. Für sie steht nicht genügend Fachpersonal zur
Verfügung. Das war schon in den letzten Jahren und ist es jetzt wieder:
ein Skandal! Die GEW Thüringen beobachtet zudem in einigen Regionen ,
dass auf Grund lokalen Personalmangels und hoher Ausfallzeiten die
Fachkraft-Kind-Relationen schon jetzt zum Teil unterhalb der
gesetzlichen Vorgaben liegen.
Kathrin Vitzthum,
Landesvorsitzende der GEW, fordert daher: „Die Bemühungen der Thüringer
Landesregierung in den letzten Jahren, über kleinschrittige
Personalschlüsselanpassungen die Bildungspraxis in den
Kindertageseinrichtung zu verbessern, müssen nun endlich in einer
Gesamtstrategie und verbindlichen Stufen zur
Personalschlüsselverbesserung münden. Davon profitieren in ersten Linie
die Kinder und um deren Bildungsweg geht es schließlich.“
Laut
Ländermonitor müssten zur Erreichung eines Personalschlüssels nach
wissenschaftlichen Empfehlungen bis zum Jahr 2030 15.000 Fachkräfte
eingestellt werden. Es können in Thüringen aber nur etwa 9.000 über
bestehende Ausbildungskapazitäten abgedeckt werden. Thüringen
könnte seinen Beitrag zu bundesweit gleichwertigen Lebensverhältnissen
und einer höheren Bildungsqualität in Kindertageseinrichtungen aber
bereits leisten, indem es die Personalschlüssel bis 2030 an das heutige
Niveau der westdeutschen Bundesländer angleicht. Der zusätzliche Bedarf
an Fachkräften würde sich dann nur auf etwa 1.000 Beschäftigte
beschränken.
„Wir wissen um die schwierige Vergleichbarkeit der
Bundesländern bei unterschiedlichen Rahmenbedingungen: das fängt bei den
garantierten Betreuungszeiten an und hört bei der Fachkraftdefinition
auf. Selbst die westlichen Bundesländer sind zum Teil noch weit von den
empfohlenen Personalschlüsseln entfernt. Für Thüringen zählt aber: jede
Verbesserung des Schlüssels auf dem Weg hin zu den wissenschaftlichen
Empfehlungen kommt der Bildungsqualität zugute“, so noch einmal Kathrin
Vitzthum.
Laut Bildungsgewerkschaft wäre es aber durchaus
realistisch, dass Thüringen diesen zusätzlichen Fachkräftebedarf
bedienen kann - ohne den Rückgriff auf Assistenzkräfte.
Ausbildungsplätze und Studienangebote für Fachkräfte müssten
bedarfsorientiert erhöht und die Ausbildung insgesamt attraktiver
gestaltet werden. Die flächendeckende Einführung der praxisintegrierten
Ausbildung und ihrer tariflichen Vergütung sind dabei wichtige
Komponenten.
Dazu ergänzend Kathrin Vitzthum: „Ein weiterer
Baustein zur Sicherung sowohl des aktuellen als auch eines zukünftigen
Fachkräftebedarfs ist die materielle Aufwertung des Berufes. In
Thüringen lässt sich dies am stärksten durch die Anwendung von guten,
das bedeutet am TVöD orientierten, Tarifverträgen realisieren. Gerade
die Coronakrise zeigt, dass Beschäftigte und Einrichtungen unter dem
Schutz von Tarifverträgen besser durch schwere Zeiten kommen als
andere.“
Über die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Thüringen: Die
Bildungsgewerkschaft GEW THÜRINGEN ist die größte Interessenvertretung
in Thüringen im Bildungsbereich. Sie organisiert aktive und ehemalige
Beschäftigte an den Thüringer Bildungseinrichtungen. Schwerpunkte der
politischen Arbeit sind die Bildungsgerechtigkeit, die Lern- und
Arbeitsbedingungen an Kitas, Schulen, Hochschulen und anderen
Bildungseinrichtungen sowie die Angestellten-, Beamten- und
Tarifpolitik. Vorsitzende ist Kathrin Vitzthum.
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