Was
in der heutigen Zeit mit neudeutsch „breathtaking“
(atemberaubend) umschrieben wird, konnte man am vergangenen
Donnerstag erleben, wenn man die Lesung und Bildbetrachtung besuchte,
zu der der KUNSTHAUS MEYENBURG
Förderverein am 23. Mai um 19 Uhr
eingeladen hatte. Edgar Allen Poe - wenn man sein Werk mit
Schlagworten beschreiben wollte, so wären diese: das Unheimliche,
das Nachtstück, das Grauen, der Alptraum, die Nervenkrise, die
Flucht ins Jenseits des Grabes, das Überwirkliche, das Kriminelle,
die messerscharfe Analyse des Verbrechens, die zynische Grausamkeit,
die Krankheit, die Schauer des biologischen Untergangs, das Leben
voll magischer Rätsel. Poe flüchtete in seinem kurzen Leben – er
wurde nur 40 Jahre alt – in seine Visionen und hielt seiner
inhumanen Mitwelt einen düsteren Groteskspiegel vor. Passend in die
momentan laufende
Ausstellung „Der schöne Sensenmann – Der Tod
in der Kunst“ fügte sich die Lesung am 23. Mai ein, in der Anja
Eisner in ihrer mitreißenden Art des
Lesens zwei Geschichten vortrug, in der sich geradezu typisch die
oben erwähnten Charakteristika wiederfinden lassen. „Grube und
Pendel“ ist im Wesentlichen eine Horrorgeschichte, die bei Leser
Angst aufkommen lässt, Angst vor der Inquisition, Angst vor der
Bestrafung, die die Spannung ins Unerträgliche steigert, um dann in
ein befreiendes Ende zu münden. "Die
schwarze Katze" liefert alle gespenstischen Elemente, die eine
schreckliche und eindringliche Geschichte ausmachen. Diese besondere
dunkle Kurzgeschichte verbindet Angst und Schuld mit Brutalität und
Gewalt, was letztlich zum Mord an der Frau des Erzählers führt.
Allerdings erforscht es auch die Themen der Tiefen der Mängel im
menschlichen Geist, einschließlich der Kämpfe mit dem Alkoholismus,
die Gefahren der häuslichen Gewalt und das
endgültige Urteil, das den abscheulichsten Sünden folgt. In der
Pause zwischen den Lesungen, die eigentlich keine wahre Pause war,
wandelte Susanne Hinsching die
Zuhörer zu Betrachtern, in dem sie u.a. das Bild erklärte, das den
Anlass, die Initialzündung zu dieser Ausstellung gab - Max Klingers
„Amor, Tod und Jenseits“. Dargestellt sind Eros und Tod auf einem
Vehikel, bestehend aus einem Sarg als Sitz des Todes und einem davor
gespannten, damals modernen Hochrad, dem Amor mit Katapult aufsitzt.
Angetrieben wird dieses durch Flügel (des Amor). Hinter ihnen folgt
ein verhülltes, auf einem Stier reitendes unheimliches Wesen. Sie
nähern sich einer flachen Gewässerlandschaft mit Pappelhain und
weitem Horizont. Romantik und Grauen, Idyll und Abgrund liegen bei
Klinger oft eng beieinander. Die Verbindung von Liebe und Tod
steigert Klinger in "Eros, Tod und das Jenseits" zu einer
albtraumhaften Horrorvision. Klinger, als Künstler dem Symbolismus
zuzurechnen, übte einen großen Einfluss auf die Moderne aus -
gerade in diesem Werk spürt man einen Hauch von Dali – und wenn
man der Betrachtung weiter nachspürt bis in die „Neue Leipziger
Schule“ eines Neo Rauch. Die Besucher dankten Anja Eisner und
Susanne Hinsching mit anhaltendem Applaus für diese packenden zwei
Stunden, in denen man an der Sitzhaltung, der Körperspannung bis hin
zur Atmung das Mitgehen der Besucher fühlen, sehen konnte. Wer sich
näher mit dem „Tod in der Kunst“ einlassen möchte, der sei
eingeladen zur nächsten Führung am 27. Mai um 11 Uhr oder zum
Besuch der Ausstellung, die erst am 10. Juni beendet sein wird.
Dr. Wolfgang R.
Pientka Vorsitzender des
KUNSTHAUS MEYENBURG
Fördervereins
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