Donnerstag, 15. Februar 2018

Große Koalition entlastet neben Familien vor allem ältere Menschen


Die geplanten Sozialreformen einer neuen Großen Koalition auf Bundesebene kommen finanziell nicht nur Familien, sondern insbesondere auch Rentnerinnen und Rentnern zugute. Entwickelt sich die Konjunktur bis zum Jahr 2025 weiter positiv, profitiert die Altersgruppe ab 65 Jahren am meisten mit im Schnitt jährlich 622 Euro mehr pro Haushalt. Nur wenn die Kita-Gebühren vollständig abgeschafft werden, erhält die Altersgruppe der 26- bis 39-Jährigen mit jährlich 743 Euro pro Haushalt noch mehr. Entwickelt sich die Konjunktur schlechter, wird die 48-Prozent-Haltelinie bei der Rente teurer, und Rentner-Haushalte erhalten dann mit rund 1420 Euro jährlich mit Abstand die stärkste Förderung.

Zu diesen zentralen Ergebnissen kommen Berechnungen, die Wissenschaftler des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, und des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Bonn, durchgeführt haben. Für die Analyse haben die Forscher untersucht, wie die Reformpläne einer neuen Großen Koalition die Haushaltseinkommen verändern. Neben der Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent wurden mit einkalkuliert: die weitgehende Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags, die Abschaffung der Obergrenze beim Kinderzuschlag, die Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und schließlich die paritätische Finanzierung der Krankenversicherungsbeiträge zu gleichen Teilen von Beschäftigten und Betrieben. Grundlage für die Berechnungen ist der von Unionsparteien und SPD entworfene Koalitionsvertrag. In den Berechnungen der Wissenschaftler von ZEW und IZA nicht erfasst ist die im Koalitionsvertrag ebenfalls vorgesehene Einführung einer Grundrente für langjährig Versicherte.

Betrachtet wurden vier Altersgruppen von 18 bis 25 Jahren, 26 bis 39 Jahren, 40 bis 64 Jahren und über 65 Jahren. Der Untersuchung zufolge profitiert bei Beibehaltung der Kita-Gebühren klar die Altersgruppe über 65 Jahren mit durchschnittlich 622 Euro mehr pro Haushalt und Jahr sowie die Altersgruppe der 40- bis 64-Jährigen mit durchschnittlich 511 Euro mehr pro Haushalt und Jahr. Den Haushalten der 26- bis 39-Jährigen würden im Schnitt 442 Euro mehr pro Jahr und den 18- bis 25-Jährigen 161 Euro mehr pro Haushalt und Jahr zur Verfügung stehen. Wird die Kita-Gebühr gekippt, erhalten die Haushalte der 26- bis 39-Jährigen durchschnittlich pro Jahr 743 Euro mehr und zählen somit zu den Spitzenreitern. Die Altersgruppe ab 65 Jahren bleibt bei im Schnitt 622 Euro mehr pro Haushalt und Jahr, die Gruppe der 40- bis 64-Jährigen würde 572 Euro mehr und die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen 224 Euro mehr pro Haushalt und Jahr erhalten.

„Familien und Mittelschicht stehen neben den älteren Bürgerinnen und Bürgern zwar klar im Fokus der beabsichtigen GroKo-Reformen“, sagt Dr. Holger Stichnoth, kommissarischer Leiter der ZEW-Forschungsgruppe „Internationale Verteilungsanalysen“. Jedoch werde noch viel zu sehr nach dem Gießkannen-Prinzip verfahren. So würden Familien, die von Kinderarmut betroffen sind, mit den geplanten Reformen überhaupt nicht erreicht. „Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, profitieren kaum von einer Erhöhung des Kindergeldes. Und generell haben Menschen mit niedrigen Einkommen wenig von einer Abschaffung der Kita-Gebühren, weil sie in der Regel sowieso schon wenig Gebühren zahlen“, so Stichnoth.

Prof. Dr. Holger Bonin, Forschungsdirektor am IZA, fügt hinzu: „Wenn die Politik etwas gegen das erhöhte Armutsrisiko von Kindern tun will, sollte das zusätzliche Geld, das jetzt für die Familien da ist, zielgenauer eingesetzt werden, etwa für ein einkommensabhängiges Kindergeld oder Hilfen für eine bessere soziale Teilhabe von Kindern aus einkommensschwachen Familien.“

Die gemeinsamen Berechnungen der Ökonomen von ZEW und IZA basieren auf den Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) von 2015.
Mark Fallak Presse und Kommunikation, IZA - Institut zur Zukunft der Arbeit

Mitteilung des idw - Informationsdienst Wissenschaft am 14. Feb.2018

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