Donnerstag, 22. Oktober 2015

Meinungstendenzen durch Flüchtlingsströme

Nach wie vor ist das Flüchtlingsgeschehen das beherrschende Thema von Politik und Medien. Und angesichts der Häufung von Meldungen und Berichten zu dieser Problematik fällt es zunehmend schwer, wie ich meine, einfach zur Kenntnis zu nehmen, was da berichtet wird, ohne sich selbst zu positionieren.Und dabei Gefahr zu laufen in irgendeine Ecke des (gesellschafts-)politischen Spektrums gestellt zu werden.
Die Talkshow Günter Jauchs am Sonntag in der ARD löste „im Internet“ ein vehementes Echo aus, vor allem durch die Teilnahme des Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke. Sogar von Eklat war da die Rede. Nachdem ich den Mann bisher nur aus Medienberichten kannte, nahm ich am Montag die Gelegenheit wahr, mir die Talkshow auf „Tagesschau 24“ anzusehen. Und fand anfangs recht vordergründig, was Höcke da mit der Deutschlandfahne anstellte, dann aber doch interessant, was er vortrug und wie er sich den anderen Teilnehmern gegenüber behauptete. Da musste man schon die Einpielungen seiner populistischen und provokanten Auftritte in Erfurt einbeziehen, um seine Teilnahme an dieser Talkshow skandalös zu finden. Trotzdem: das soll Demokratie nicht aushalten können? Deutschland wird sich daran gewöhnen müssen.

Wie an Pegida mit seinen zahlreichen Ablegern. Wer heute über Pegida lästert, sollte sich überlegen, wie und warum es dazu gekommen ist. Seit den ersten Demonstrationen vor einem Jahr hat es große Unsicherheit darüber gegeben, wie mit dieser Erscheinung umzugehen sei. Und meinte, der Hinweis, dass Bachmann vorbestraft ist, würde reichen, um ihn zu isolieren. Und schien verwundert, dass stattdessen die Bewegung ständig Zulauf erhielt. Heute wundert man sich , was in unserem Rechtsstaat alles möglich ist und findet darauf keine andere Antwort als "Wer Galgen und Hitlerbärten hinterher läuft, für den gelten keine Ausreden mehr", (JustizministerHeiko Maas (SPD)). "Pegida sät den Hass, der dann zur Gewalt wird." Aber auch das scheint nicht zu wirken, wie man am Montag feststellen konnte.

Und organisiert Gegendemonstrationen. Dazu bleibt mir zu bemerken, dass man sich bei Pegida zusammenfindet, um gegen vermeintliche Überfremdung zu demonstrieren, wie immer man das auch sehen und bewerten mag. Die Gegendemonstranten aber gehen nur auf die Straße unter dem Motto: „Hatz gegen Hetze“. Und das bedeutet „lediglich“,Bereitschaft oder gar Absicht zur Randale gegenüber den Pegida-Protestlern. Würden die Gegendemonstranten stattdessen Flüchtlinge bei sich aufnehmen, wirkte ihr Gegenprotest glaubwürdiger.

Wie dem auch sei: die Flüchtlinge kommen weiter in Massen und unter zunehmend dramatischen Umständen nach Europa, mehrheitlich nach Deutschland, wie in nahezu allen Berichten und Reportagen betont wird. Und hier kann ich die „WELT“ zitieren, in der Henryk M. Broder am 15. 10. die Frage stellte, warum der Flüchtlingsstrom nach Deutschland nicht versiegt? Und als Antwort auf Angela Merkel verweist, die mit der Außerkraftsetzung der Dublin-Regeln und der Schengen-Annullierung den Flüchtlingen Tür und Tor öffnete. Und sie kamen in Massen. (Auszug): „Sie sind, so lesen und hören wir überall, gut untereinander vernetzt, tauschen Informationen aus und wählen ihre Reiserouten mit Bedacht.“ (Ende des Auszugs). Obwohl es doch für Flüchtlinge kein Recht gibt, ihr Asylland selbst zu wählen (WELT am 19.10.15).

Soweit meine Informationen reichen, ist die WELT noch die Zeitung, die sich am kritischsten mit dem Verhalten der Bundeskanzlerin in Bezug auf Flüchtlinge auseinander setzt. Überschrieb sie ihren Broder-Artikel am 15.10. mit „Angela Merkel hat die Bodenhaftung verloren“, lautete der Titel am 19.10. „Die größten Heucheleien in der Flüchtlingspolitik“. In dem es heißt (Auszug): „Bundeskanzlerin Merkel sagt, man könne die deutsche Grenze nicht sichern, zahlt aber der Türkei Geld, damit die ihre Grenze sperrt. Scheinheiliger geht's kaum noch. Und das ist längst nicht alles“ (Ende des Auszugs). Mein Eindruck ist, dass hier auf eine Weise vermeintlich sachgerecht und authentisch berichtet wird, wie es bei den Demonstrationen auf Straßen und vor Flüchtlingsheimen gegen Flüchtlinge und Überfremdung in „volkstümlicher“, und damit provozierender Art getan wird.

Ohne aktuell weiter ins Detail zu gehen bleibt abzuwarten, wie es weitergehen wird. Das Bundeskriminalamt jedenfalls warnt angesichts des ungebrochen starken Zustroms von Flüchtlingen vor weiteren schweren Gewalttaten. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR befürchtet die Behörde, dass auch Betreiber von Unterkünften und Politiker ins "Zielspektrum entsprechend fremdenfeindlich motivierter Täterkreise" geraten könnten. Das ergibt sich aus einer vertraulichen Lagebewertung, die wenige Tage vor dem Anschlag auf die inzwischen gewählte Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker entstand. Man muss besorgt sein.

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